Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Vierzehnter Jahrgang. 1898. (39)

Das Deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (März 23./26.) 85 
fixiert. Und wie soll eine Einigung anders fixiert werden als durch Gesetz ? 
(Sehr wahr!) Ich war daher außerordentlich erstaunt, daß, als endlich 
das Gesetz herauskam und der bindende Plan vorlag, die Auffassung des 
Herrn Vorredners sich sofort umdrehte, und die „Bindung des Etatsrechts“ 
und die „Knebelung der Volksrechte“ und ähnliche prägnante Ausdrücke an 
die Stelle traten. (Sehr gut!) Ja, meine Herren, das sind zwei Eisen im 
Feuer, die gehandhabt werden je nach Gutdünken. (Sehr richtig!) 
Ich möchte nun von der formellen Seite, die der Herr Vorredner 
berührt hat, nur herausgreifen, daß das Extraordinarium der Marine 
etwas ganz anderes ist, als das Extraordinarium der Armee. Das Extra- 
ordinarium der Marine enthält die Schiffe, den Lebensnerv der Marine; 
ohne Schiffe sind wir keine Flotte, und weil sie den Lebensnerv bilden, so 
haben sie für die Marine eine ähnliche Bedeutung, wie die Formationen 
der Armee für letztere. Der Herr Vorredner hat ferner über das italienische 
Gesetz gesprochen und hat ausgeführt, daß die Schiffe sämtlich vorhanden 
gewesen sind, die das italienische Gesetz in den Jahren 1877 bis 1887 ge- 
fordert hätte. Meine Herren, ich habe hier eine Liste mit den Jahres- 
zahlen der Stapelläufe der italienischen Kriegsschiffe und da will ich nur 
die Schiffe Erster Klasse verlesen, die in der Periode 1877/87 gebaut worden 
sind. Das sind die großen Panzerschiffe, die viel größer sind als unsere: 
„Lepanto“", „Italia“", „Re Umberto“, „Dandolo“", „Andrea Doria"“, „Fran- 
cesco Morofini“, „Ruggiere de Lauria“ und ferner mehrere Kreuzer. Die 
Angaben des Herrn Vorredners nach dieser Richtung müssen also auf 
einem thatsächlichen Irrtum beruhen. Freilich, meine Herren, durch das 
Gesetz sind eine Reihe jener prägnanten Ausdrücke, die seit Jahr und Tag 
vergiftend in unser Volksleben geworfen wurden, wie „Uferlosigkeit“ und 
ähnliche Ausdrücke, „Subjektivität“, „Liebhaberei“, weggefegt wie leerer 
Schall, wenigstens im Glauben des Volks. Das Gesetz nötigte, mit sach- 
lichen Gründen herauszukommen, und die sachlichen Gründe, meine Herren, 
des Herrn Vorredners, welche das Fundament dieser Vorlage zu erschüttern 
im stande sind, sind noch abzuwarten! (Sehr wahr! rechts.) Ich möchte 
auf diesen Teil der Ausführungen des Herrn Vorredners eingehen. Der 
Herr Vorredner erkennt die Notwendigkeit der Flotte an, auch die Not- 
wendigkeit der Schlachtschiffe, aber, soweit ich orientiert bin, hat er alles 
verweigert, und das nennt er „Tempo“! (Heiterkeit.) Er sagt: die Linien- 
schiffe sind so verletzlich, daß sie einem Uhrwerk zu vergleichen sind; wenn 
ein Rad außer Ordnung kommt, funktioniert das Ganze nicht mehr. 
Darum kann man sie nicht bewilligen; das ist die Anerkennung der Not- 
wendigkeit der Flotte! (Heiterkeit links.) Ich möchte nun speziell auf die 
Schlachtflotte eingehen. Ich habe in der ersten Lesung versprochen, ich 
würde rückhaltlos unseren militärischen Standpunkt und unsere Motive 
darlegen. Ich glaube, die Mehrzahl der Kommissionsmitglieder wird mir 
zuerkennen, daß ich diesem Versprechen nachgekommen bin. (Sehr wahr! 
in der Mitte.) Meine Herren, ich habe mit dieser Darlegung mir auch 
die Unterlage schaffen wollen, um jede wirklichen sachlichen Bedenken, die 
selbstverständlich vorhanden waren und selbstverständlich vorhanden sein 
mußten, aufklären zu können im weitesten Maße. Der Herr Vorredner 
hat nicht mit einem Wort die sachlichen Gründe widerlegt, die ich in der 
Kommission angeführt habe, er ist nicht mit einem einzigen sachlichen 
Gegengrund herausgekommen. Ich muß also daraus schließen, daß er 
wohl gefühlt hat, daß in der Kommission, wo ich frei sprechen konnte 
und frei herauskommen mit meinen Gründen, er meinem Standpunkt und 
meinen Darlegungen nicht gewachsen gewesen ist. (Sehr gutl rechts.) Es 
ist ja für mich, wie die Herren aus der Kommission ohne weiteres über-
	        
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