Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Vierzehnter Jahrgang. 1898. (39)

88 Das Deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (März 24. 25.) 
gegen; ich werde mich damit abfinden müssen. Wenn aber der Herr Vor- 
redner der Marineverwaltung Zickzackkurs, beständige Abänderung u. s. w. 
vorwirft und sagt, gerade darum könne die Vorlage nicht bewilligt werden, 
— meine Herren, was gibt es denn da Besseres und Sichereres, als die 
Marineverwaltung zu binden, und zwar durch Gesetz! (Sehr richtig!l 
rechts.) Der Herr Vorredner hat schließlich noch auf eine Stelle hin- 
gewiesen, welche die Haupttriebkraft unserer Gesetzesvorlage gewesen ist, 
hat ja auch von Absolutismus und Beeinflussung bis an die Thüren des 
Reichstages gesprochen. Meine Herren, ich bin durchdrungen davon, daß 
die Zeit kommen wird, wo die Geschichte das anerkennen wird, was 
diese hohe Stelle für die Vorlage gethan hat (hört, hört!), und daß das 
Vaterland seinen Dank zollen wird dieser Kraft, die das hervorgerufen hat. 
(Bravo! rechts.) 
Hierauf befürworten noch die Abgg. v. Bennigsen (nl.), v. Kar- 
dorff (Rp.) und Spahn (Z.) die Vorlage, Abg. Bebel (Soz.) bekämpft 
sie. — Danach wird § 1 der Vorlage mit 212 gegen 139 Stimmen in 
 namentlicher Abstimmung angenommen. Gegen die Vorlage stimmen die 
Sozialdemokraten, die Deutsche und die Freisinnige Volkspartei, die Polen, 
die Welfen und die Elsaß-Lothringer geschlossen, ferner vom Zentrum die 
Abgg. Aichbichler, Bäurle, Burger, Deuringer, Eck, Gerstenberger, Heim, 
Keßler, v. Lama, Lehemeir, Leonhard, Lerno, Moritz, Neckermann, Petzold, 
Pichler, Roeren, Schädler, Schmid-Immenstadt. Schmitt-Mainz, Schöpf, 
Schwarze, Stöcker, Weber-Bayern, Witzelsperger und Zott; ferner von den 
Antisemiten die Abgg. Bindewald und Köhler und außerdem die Abgg. 
Sigl, Hilpert und Bachmeier. 
Am 26. März werden die §§ 2 bis 6 nach längerer Debatte, die 
sich hauptsächlich um die Frage dreht, ob die Bindung des Etatsrechts der 
Verfassung widerspreche oder nicht, mit 193 gegen 118 Stimmen an- 
genommen. — Zur Deckung der Kosten (§ 8) beantragen die Sozialdemo- 
kraten die Einführung einer Reichs-Einkommensteuer von den mehr als 
6000 Mark jährlich betragenden Einkommen, die freisinnige Volkspartei 
eine Reichsvermögenssteuer von den Vermögen von mehr als 100000 Mark. 
Beide Anträge werden abgelehnt und der § 8 nach der Kommissionsfassung 
angenommen. 
In dritter Lesung wird die Vorlage am 28. März angenommen. 
März. Preßdiskussionen zur Flottenvorlage. 
Die Presse bespricht lebhaft die Annahme der Flottenvorlage und 
behandelt vornehmlich die Abstimmung des Zentrums. — Einige bayerische 
Zentrumsblätter werfen die Frage auf, ob sich die meist aus Bayern be- 
stehende Minderheit vom Zentrum trennen werde. Die „Augsburger 
Postztg.“ und „Kölnische Volksztg.“ lehnen diese Möglichkeit ab. — In 
mittelparteilichen Blättern wird die Befürchtung ausgesprochen, daß das 
Zentrum für die Annahme der Flottenvorlage auf kirchenpolitischem Ge- 
biete Konzessionen erhalten werde. 
24. März. (Kiel.) Gedenkfeier der schleswig-holsteinischen 
Erhebung von 1848, an der die Kaiserin und ihr Bruder Herzog 
Ernst Günther teilnehmen. 
25. März. (Friedrichsruh.) Fürst Bismarck feiert sein 
60. Militärjubiläum. Der Kaiser läßt ihn durch den General- 
adjutanten von Schweinitz begrüßen und schickt ihm ein Glück- 
wunschtelegramm.
	        
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