Das Deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (März 25. 28.) 89
25. März. (Bremerhaven.) Der Kaiser besucht den Schnell-
dampfer des Norddeutschen Lloyd „Kaiser Wilhelm der Große“ und
erwidert auf die Ansprache des Vorsitzenden des Aufsichtsrats
Geo Plate:
Ich danke von ganzem Herzen für die freundlichen Worte, mit
denen Sie Mich begrüßt haben und spreche Ihnen Meine herzliche Freude
aus, mit Ihnen am heutigen Tage auf diesem herrlichen Schiffe zusammen
sein zu können. In dem Jubeljahr des 100. Geburtstags des großen
Kaisers ist dieses deutsche Schiff zu Wasser gelassen und dann in der
kurzen Frist von vier Monaten dieser Wunderbau vollendet. Ich begrüße
in demselben den Ausdruck vaterländischen Fleißes, hingebender Arbeit
und angestrengtester Thätigkeit, den hervorragenden Repräsentanten der
Verbindung zwischen der alten Heimat und der neuen Welt. Sie haben
mit bewegten Worten Meiner Thätigkeit für die Erhaltung des Friedens
gedacht. Wenn es Mir vergönnt war, während der ganzen Zeit, seitdem
Ich die Regierung in Händen habe, Meinem Vaterlande den Frieden zu
erhalten, so schweift Mein Blick zurück zu der Heldengestalt des ersten
deutschen Kaisers aus dem Hohenzollern-Geschlecht, der mit Aufopferung
seiner ganzen Persönlichkeit in Unserem Heere das feste Bollwerk schuf,
das uns bis zum heutigen Tage den Frieden erhalten hat. Denn nur
unter den Segnungen des Friedens kann ein Volk sich entwickeln; und
wenn wir heute hier versammelt sind, so müssen wir uns vergegenwärtigen,
daß weder Ich noch Sie diese frohen Stunden an Bord dieses Schiffes
würden verleben können, ohne diese Erhaltung des Friedens. Ich freue
Mich, es gerade hier aussprechen zu können, daß wir in wenigen Stunden
dem Abschluß eines großen Werkes entgegensehen dürfen, das beitragen
wird zu der weiteren Entwicklung und der Größe Deutschlands. Möge es
dem aufstrebenden Deutschland vergönnt sein, Handel und Schiffahrt zu
voller Blüte zu entfalten. Möge es dem Norddeutschen Lloyd gelingen,
an erster Stelle zu bleiben und mitzuwirken an diesem Ziele. Deshalb
trinke Ich Mein Glas auf dieses deutsche Schiff, auf das Wohl des Nord-
deutschen Lloyd und das der guten alten Stadt Bremen.
Nach kurzer Pause erhebt sich der Kaiser zum zweitenmale und
sagt etwa folgendes: Sie hatten vorhin die Güte zu erwähnen, daß Ich
Sie in Ihren Bestrebungen unterstütze; da geziemt es sich für Uns, die
Wir auf einem deutschen Schiffe, welches den Namen „Kaiser Wilhelm
der Große“ trägt, auf deutschem Meere schwimmen, an diesem Tage auch
des Mannes zu gedenken, der Meinem hochseligen Herrn Großvater in den
oft schweren Zeiten seines Königtums ein so treuer Diener gewesen ist;
und in dankbarer Erinnerung seiner Verdienste um Unser deutsches Vater-
land bringen Wir auch dem Fürsten Bismarck, der heute sein 60 jähriges
Militär-Dienstjubiläum begeht, ein volles Glas. Seine Durchlaucht der
Fürst Bismarck hurra.
28. März. Der Kaiser enthebt den Feldmarschall Graf
Blumenthal von seiner Stellung als Generalinspekteur der
3. Armee-Inspektion durch folgende Kabinettsordre:
Ich entbinde Sie hiermit infolge Ihres Mir vorgetragenen Ein-
verständnisses von der Stellung als General-Inspekteur der 3. Armee-In-
spektion unter Belassung als Chef des reitenden Feldjäger-Korps und des
Magdeburgischen Füsilier-Regiments Nr. 36, sowie à la suite des Garde-
Füsilier-Regiments und des 3. thüringischen Infanterie-Regiments Nr. 71.