Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Fünfzehnter Jahrgang. 1899. (40)

16         Das Deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Januar 16.)
 
Verhütung der Hochwassergefahr im Gebiet der linken Oderneben-- 
flüsse erfordern, zu tragen. 
      16. Januar. (Preußen.) Der Kaiser eröffnet den Land- 
tag mit folgender Tronrede: 
         Erlauchte, edle und geehrte Herren von beiden Häusern des Land- 
tages! Indem Ich Ihnen beim Beginn eines neuen Abschnitts der par- 
lamentarischen Arbeiten Meinen Königlichen Gruß entbiete, gebe Ich 
Meinem Vertrauen Ausdruck, auf Ihre verständnisvolle Unterstützung auch 
bei den bevorstehenden wichtigen Aufgaben rechnen zu können. Die Finanz- 
lage des Staates ist fortdauernd eine günstige. Die Rechnung des Jahres 
1897/98 hat ebenso wie die der Vorjahre mit einem beträchtlichen Ueber- 
schuß abgeschlossen. Auch das laufende Jahr wird ein befriedigendes Er- 
gebnis bringen. In dem Staatshaushaltsetat für 1899 hat, entsprechend 
den zu erwartenden höheren Einnahmen, namentlich bei den Betriebsver- 
waltungen, dem steigenden Ausgabebedarf wiederum in weitem Maße 
Rechnung getragen werden können. Insbesondere sind für die von der 
Staatsregierung in Aussicht genommene, von dem Landtage befürwortete 
Neuregelung der Gehaltsverhältnisse einzelner Klassen von Unterbeamten 
die erforderlichen Mittel bereit gestellt, und zwar in einem Umfange, welcher 
über die gegebene Anregung hinausgeht. Mit dieser abermaligen Auf- 
wendung für die Unterbeamten, welche auf einige bisher nicht berück- 
sichtigte Kategorien von mittleren Beamten ausgedehnt wird, ist die im 
Jahre 1890 begonnene allgemeine Aufbesserung der Beamtenbesoldungen 
abgeschlossen. Nach dem Vorbilde der Fürsorge für die Hinterbliebenen 
der unmittelbaren Staatsbeamten soll ferner die Witwen= und Waisen- 
versorgung der Volksschullehrer anderweit geordnet werden. Die Anstellung 
und Versorgung der Kommunalbeamten bedarf allgemein, sowohl im 
Interesse der Beamten als auch der Gemeinden, einer gesetzlichen Regelung, 
welche sich gleichfalls an die für die unmittelbaren Staatsbeamten geltenden 
Bestimmungen anlehnen wird. Die Medizinalverfassung des Staates wird 
in der Lokalinstanz in einer den gesteigerten Anforderungen an die Ge- 
sundheitspflege entsprechenden Weise gesetzlich auszugestalten sein. Auch 
sollen im Interesse der Hebung des ärztlichen Standes ehrengerichtliche 
Einrichtungen ins Leben gerufen und den Aerztekammern erweiterte Be- 
fugnisse gegeben werden. Auf dem Gebiete des Gemeindewahlrechts hat 
die im Jahre 1891 eingeleitete Steuerreform Verschiebungen verursacht, 
welche durch das Gesetz wegen Aenderung des Wahlverfahrens vom 29. Juni 
1893; wie sich schon jetzt übersehen läßt, nur zum Teil beseitigt sind und 
einen weiteren Ausgleich erwünscht erscheinen lassen. Zu diesem Zwecke 
wird ein Gesetzentwurf Ihrer Beschlußfassung unterbreitet werden. Die 
kommunale Besteuerung der in neuerer Zeit entstandenen großen Waren- 
häuser entspricht nicht ihrer Bedeutung und Stellung im gewerblichen 
Verkehr; sie bedarf einer besonderen Regelung, welche die gerechtere Heran- 
ziehung dieser Betriebe sichert und dadurch zugleich den kleineren Gewerbe- 
treibenden für den Wettbewerb einen wirksameren Schutz gewährt. Ein 
bezüglicher Gesetzentwurf wird Ihnen voraussichtlich noch in dieser Tagung 
vorgelegt werden. Die auf fast allen wirtschaftlichen Gebieten eingetretene 
kraftvolle Entwicklung hat auch an die Staats-Eisenbahnverwaltung außer- 
gewöhnliche Anforderungen gestellt. Dank der bereitwilligen Unterstützung 
des vorigen Landtages haben besondere Maßregeln in die Wege geleitet 
werden können, deren Durchführung es ermöglichen wird, dem steigenden 
Verkehrsbedürfnis zu entsprechen. Zur Erweiterung des Staatseisenbahn- 
 
	        
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