Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Neunzehnter Jahrgang. 1903. (44)

Das Denisqhe Reit und seine einjelnen Slieder. (März 20.) 73 
Widerruflichkeit schwere Bedenken hat. Die Beamten werden stets in Furcht 
vor der Entziehung leben und bei jeder Gelegenheit zu zeigen suchen, wie 
sie die Politik der Regierung unterstützen. (Sehr richtig! links.) Das 
führt zu Denunziationen (Sehr richtig! links), die wir vermieden wissen 
wollen. Die Regierung gibt ihre disziplinäre Gewalt nicht aus der Hand, 
wenn sie auf den Widerruf verzichtet. Was ist es denn für ein Unglück, 
wenn wirklich einmal ein Unwürdiger die Zulage etwas länger erhält, 
was bedeutet das gegenüber den Schäden, die dadurch entstehen, daß die 
ganze Klasse derer, die diese Zulage bekommen, in steter Furcht schwebt. 
(Sehr richtig! links.) Was uns schützt im Osten und die Hoffnung auf 
einen guten und — das wünschen wir — schließlich friedlichen Ausgang 
stärkt, ist ein tüchtiger und unbestechlicher, objektiver, vaterlandsliebender 
Beamtenstand und die Achtung und der Respekt, in dem dieser Beamten- 
stand auch bei der polnischen Bevölkerung steht. Stärken sie diesen Re- 
spekt! (Beifall b. d. Natlib.) Abg. Dittrich (3.): Das Zentrum lehne 
trotz der wohlbekannten schwierigen Stellung der Beamten im Osten die 
Zulage ab, weil sie die Gegensätze verschärfen werde. Abg. v. Tiede- 
mann (frkons.) begrüßt das Residenzschloß als ein Symbol: Es wird als 
ein helles, weithin leuchtendes Wahrzeichen betrachtet werden können der 
unzertrennlichen Zusammengehörigkeit der Provinz zu dem preußischen 
Staat. Ich meine aber, daß nun für die Stadt Pofen genug getan ist, 
weil es niemals gelingen wird, Posen zu einer deutschen Stadt zu machen. 
Sie wird immer das Zentrum des Polentums bleiben. Aus diesem Grunde 
würde es mich auch sehr freuen, daß von einer deutschen Universität in 
Posen nicht weiter die Rede ist. Sie würde einen Herd bilden für die 
polnische Propaganda. 
Abg. v. Glebocki (Pole): Das Polentum werde immer weiter 
wachsen trotz des Residenzschlosses. Das polnische Volk werde sich nicht 
durch die finanziellen Mittel, sondern nur durch Gerechtigkeit und Billig- 
keit gewinnen lassen, diese fehlten aber, wie die zahlreichen Schikanen gegen 
polnische Vereine bewiesen. Die Anwesenheit des Kaisers in Posen habe 
Anlaß zum Boykott gegen Polen gegeben und hierdurch die monarchische 
Gesinnung der Polen erschüttert. Finanzmin. Frhr. v. Rheinbaben: 
Die Erregung der Polen beweise, daß die Maßregel eine Stärkung des 
Deutschtums bedeute. — Am folgenden Tage behauptet Abg. v. Glebocki 
(P.), die Geschichte der Polen unter preußischer Herrschaft sei eine Leidens- 
geschichte auf jedem Blatt; die jetzige Mißwirtschaft sei weit schlimmer als 
die, an der der Orden zu Grunde gegangen sei. Finanzmin. v. Rhein- 
baben weist unter scharfem Protest gegen den aufreizenden Ton des Vor- 
redners auf die grauenvollen Zustände in der Republik Polen und die 
Segnungen der preußischen Herrschaft hin. — Hierauf werden die Forde- 
rungen der Regierung gegen die Stimmen des Zentrums, der Polen und 
Freisinnigen angenommen. Ebenso werden die Forderungen über die Zu- 
lagen für die Lehrer in den Ostmarken angenommen. 
20. März. (Reichstag.) Bei der Beratung des Etats des 
Auswärtigen tadelt Abg. Bernstein (Soz.), daß die deutsche Regie- 
rung Reichsangehörige nicht genügend gegen die Willkür der russi- 
schen Polizei schütze. Staatssekretär v Richthofen erwidert, wer in 
Rußland die russischen Gesetze verletze, müsse die Folgen tragen. 
März. (Bayern.) Preßkämpfe um die Jesuiten und das 
Andenken Tillys. 
 
	        
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