Die ssterreichiscungarische Monarchie. (Januar 26.—Februar 14.) 157
sein, um die Lösung jenes größten Problems der österreichischen Politik
mindestens anzubahnen, von welcher allein eine dauernde Gesundung der
innerpolitischen Lage erwartet werden kann, die Annäherung und Ver-
ständigung zwischen dem deutschen und dem tschechischen Volksstamme. Die
Regierung wird ein besonderes Augenmerk darauf richten, ein gedeihliches
Wirken aller Landtage herbeizuführen, die gesamte Verwaltung im Sinne
strengster Objektivität zu führen, die Gesetze gewissenhaft zu handhaben
und von ihren Befugnissen maßvollen Gebrauch zu machen Von
der Entscheidung über die wirtschaftlichen Verhältnisse zu Ungarn und
über die handelspolitischen Beziehungen zum Auslande dürfen wir mannig-
fache Anregungen zur Entfaltung unserer Volkswirtschaft und zur Hebung
der Industrie und des Handels erwarten. Damit sie aber ganz zur
Geltung kommen, wird bei allen Stellen der öffentlichen Verwaltung der
Gedanke lebendig sein müssen, daß die Unterstützung und Erleichterung
der heimischen Erwerbstätigkeit zu den wichtigsten Obliegenheiten der Ver-
waltung zählt. Redner sagt weitestgehende Förderung von Industrie,
Handel und Landwirtschaft seitens der Regierung zu, kündigt die dem-
nächstige Einbringung der Gewerbenovelle an und versichert, daß die Re-
gierung allen Angelegenheiten der arbeitenden Bevölkerung wirksame Förde-
rung angedeihen lassen werde.
Die Parteiobmänner beschließen, die Dringlichkeitsanträge zugunsten
der Arbeitsfähigkeit des Parlaments zurückzuziehen.
26. Januar. (Ungarn.) Wahlen. Kabinettswechsel.
Es werden gewählt 151 Liberale, 159 Mitglieder der Kossuthpartei,
27 Dissidenten, 24 Anhänger der Volkspartei, 12 Anhänger der Banfsy-
partei, 10 Parteilose und 9 Nationalisten. — Da die Opposttion die Mehr-
heit erlangt hat, erklärt Graf Tisza den Rücktritt des Kabinetts (1. Fe-
bruar). — Bei den Wahlen kommt es zu blutigen Kämpfen.
7. Februar. (Cisleithanien.) Reichsrat. Refundierung.
Rekrutierung.
Der Budgetausschuß genehmigt mit 22 gegen 8 Stimmen die Re-
fundierungsvorlage, wonach die Regierung zur Ausgabe einer Tilgungs-
rente von 51,7 Millionen Kronen ermächtigt wird. In der Beratung der
Rekrutierungsvorlage im Plenum tadeln die Alldeutschen die Berreihung
des Heeres durch die Konzessionen an die Magyaren und verweigern mit
Rücksicht hierauf die Bewilligung. — (Genehmigung im Herrenhause
27. Februar.)
11. Februar. (Cisleithanien.) Das Herrenhaus genehmigt
eine Vorlage über Anderung der Geschäftsordnung.
12. Februar. (Ungarn.) Der König empfängt in Wien den
Präfidenten der Unabhängigkeitspartei Franz Kossuth.
14. Februar. (Cisleithanien.) Im Reichsrat erklärt Mi-
nisterpräsident Frhr. v. Gautsch auf eine Anfrage über das Ver-
hältnis zu Ungarn:
Er wolle dieser Frage keineswegs ausweichen, er werde sich aber
darauf beschränken, nur den Standpunkt der österreichischen Regierung fest-
zustellen; die Regierung stehe auf dem Boden der Gemeinsamkeit, wie sie
das Ausgleichsgeset vom Jahre 1867 gesetzlich festgesetzt hat. Die Regie-
rung betrachte es als ihre Pflicht, alle Abmachungen und Vereinbarungen