Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Zweiundzwanzigster Jahrgang. 1906. (47)

132 JNas Nenische Reich und seine einlelnen SElieder. (Juni 17.—21.) 
17. Juni. (Bremen.) Debatte über die religionslose Schule. 
Die Schuldeputation der bremischen Bürgerschaft spricht sich in 
einem Bericht an den Senat gegen die von den bremischen Volksschul- 
lehrern angeregte Abschaffung des Religionsunterrichts in den Schulen 
aus, da dies eine schwere Schädigung der Kinder sowohl für die geistige 
Bildung, als auch in erzieherischer Hinsicht zur Folge haben würde. Der 
Senat erklärt sich mit der in dem Bericht vertretenen Auffassung sowie 
mit der darin kundgegebenen Absicht einverstanden, baldigst eine Revision 
der für den Religionsunterricht in den bremischen Schulen geltenden Lehr- 
pläne herbeizuführen, die sich auch auf eine Prüfung der im Unterricht 
benutzten Lehrbücher zu erstrecken haben wird. 
19. Juni. (Bremerhaven.) Abreise zahlreicher Redakteure 
und Journalisten nach England. (Vgl. Großbritannien.) 
19. Juni. (Cuxhaven.) Auf dem Festmahl des Nord- 
deutschen Regattavereins erwidert der Kaiser auf die Ansprache 
des Bürgermeisters Mönckeberg-Hamburg: 
Mit herzlichem Danke quittiere Ich die freundliche Begrüßung, die 
Mir soeben namens des Norddeutschen Regattavereins zuteil geworden ist. 
Es ist Mir eine hohe Freude, daß wir uns wieder zu diesem männlichen 
Tun haben zusammenfinden können. Wie schon konstatiert worden ist, hat 
sich ja auf dem Wasser das deutsche Vaterland entwickelt, daß man es nur 
mit Staunen vernimmt. Langsam folgt unsere Flotte den Riesenschritten, 
mit denen die Handelsflotte vorausgeht. Zu solcher Entwickelung im Wett- 
bewerb auf dem Meere, das die Länder verbindet, ist als erstes aber not- 
wendig der Friede. Gott hat uns den Frieden erhalten, den Frieden in 
Ehren, den er uns auch weiter schenken möge. Derzenige aber, der die 
größte Arbeit an diesem Friedenswerk geleistet hat, der erste Ratgeber des 
Reiches, den wir alle in den vergangenen Wochen mit unseren Segens- 
wünschen und Gebeten verfolgt haben, befindet sich, wie Jch Ihnen zu 
Meiner Freude mitteilen kann und wovon Ich Mich gestern persönlich 
überzeugt habe, in vollstem Wohlsein und bester Gesundheit, und wird in 
der Lage sein, wieder in vollem Umfange als Mein erster Ratgeber im 
Lenken des Reiches zu wirken. Der Sport, den wir betreiben, hat auch 
einen ernsten Hintergrund, und das ist das zweite, was zu unserer Ent- 
wickelung notwendig ist, daß wir Männer, daß wir Charaktere haben und 
daß unsere Männer sich bewußt sind der Wichtigkeit der deutschen Männ- 
lichkeit. Der deutsche Manneswert kann sich bewähren auf verschiedenen 
Gebieten, im Heere, im Zivildienst, auf der Flotte, im Dienst in den 
Einzelstaaten. in den Gemeinden, aber am besten wird er ausgebildet, am 
hellsten und klarsten wird unseren Deutschen das Auge gemacht, wenn sie 
auf das Salzwasser kommen. Daher begrüße Ich in jedem von Ihnen 
einen Meiner Mitkämpfer und Mitarbeiter an dem Werk, unsere deutschen 
Männer zu erziehen, damit sie in der Lage sind, mit offenem Blick ihr 
ganzes Sinnen und Trachten in den Dienst des Vaterlandes zu stellen. 
Daß unserem Vaterlande eine solche schöne Entwickelung beschieden sein 
möge, daß unser Segelsport grünen und blühen möge, daß Sie ein fröh- 
liches und lustiges Segeln auch in diesem Jahre haben mögen, darauf leere 
Ich Mein Glas. Es leben die Segler! Hurra, hurra, hurral 
21. Juni. (Braunschweig.) Der Landtag genehmigt den 
Lotterievertrag mit Preußen. Danach hört die Lotterie 1908 auf.
	        
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