92 HNaes Neutsche Reich uand seine einzelnen Glieder. (Mai Anfang.)
§ 18. Diese Bestimmungen treten am 1. Mai 1908 in Kraft. Für
diejenigen Bewerber, welche auf Grund der bisher geltenden Bestimmungen
zum diplomatischen Vorbereitungsdienste zugelassen sind und vor Schluß
des Jahres 1909 zur diplomatischen Prüfung gelangen, bleiben die bis-
herigen Prüfungsvorschriften in Geltung.
Anfang Mai. (Bayern.) Die Bischöfe und Erzbischöfe ver-
öffentlichen einen Hirtenbrief gegen den Modernismus.
Petrus wird darin als die feste, unzerstörbare Grundlage der Kirche
bezeichnet, die Päpste seien als dessen rechtsmäßige Nachfolger im obersten
Lehr-, Priester= und Hirtenamt anzusehen. Papst Pius X. habe in aller-
jüngster Zeit seines Amtes als oberster Lehrer der Kirche gewaltet gegen-
über „neu auftretenden, sehr bedenklichen wissenschaftlichen Theorien und
verwegenen Behauptungen, die namentlich in Frankreich und Italien einen
anfnahmefähigen Boden und ihre eifrigsten Vertreter und Anhänger gefunden
haben". Der Modernismus wird dann folgendermaßen gekennzeichnet:
Der Papst hat in einer umfangreichen, tiefdurchdachten Enzyklica Pascendi
dominici gregis die schweren Irrtümer und Angriffe gegen die Substanz
des christlichen Glaubens — die Lehren des sogenannten Modernismus —
der Welt deutlicher vor Augen geführt und auf das schärfste zurückgewiesen.
Es ist dies ein System, durch welches das gesamte Glaubensbewußtsein
der Christenheit in Frage gestellt und statt seiner der Versuch mit einer
anderen, den wandelbaren Zeitwünschen entgegenkommenden religiösen
Entwicklung gemacht wird. — Kant und Darwin seien die Bäter des
Modernismus. Die Kirche allein sei im Besitz der Wahrheit und dazu
die beste Freundin der Wissenschaft. Sie erweise sich als eine Gegnerin
der falschen, der Scheinwissenschaft, eine dauernde Bekämpferin der Un-
wahrheit und der vermessenen Täuschung überall und zumal auf dem
weiten Gebiete der Religion. Die katholische Kirche werde nie hemmend
auftreten gegen die Freiheit der Lehre der Wahrheit überhaupt. Was
indessen die subjektive Lehrfreiheit bezüglich der Fragen der Religion be-
trifft, so haben sie sich der objektiven Kirchenlehre stets anzugleichen. Was
hat die alleinseligmachende Kirche von der Wissenschaft zu verlangen? Die
Antwort darauf lautet: Sie muß die Bürgschaft haben, daß die zu be-
stellenden Lehrorgane aufrichtig bemüht sind, stets die unverfälschte kirch-
liche Wahrheit zu verkünden. Sie muß auch die Sicherheit dafür besitzen,
daß diese die erforderliche Vorbildung haben und auf den höheren Stufen
des wissenschaftlichen Vortrags sich als theologisch gründlich gebildet er-
weisen. Und die Kirche muß ferner auch eine gewisse Garantie haben,
daß ihre Lehrorgane sittlich unbescholten und wahrhaft christusgläubig
seien. Denn bei dem Mangel der einen oder anderen dieser Vorbedingungen
würde sie die missio canonica nicht erteilen. — Es wird dann vor der
Lektüre modernistischer Schriften oder vom Modernismus angesteckter
Schriften und vor allem vor Neuerungen gewarnt, wie Priesterversamm-
lungen und -Kongressen, die das richtige Verhältnis zwischen den Bischöfen
und den Priestern untergrüben. Die kirchlich gutgeheißenen Vereine solle
man nach Kräften fördern und die Enzyklica eingehend studieren.
(„Berliner Neueste Nachrichten."“)
1. Mai. Der Börsenverein der deutschen Buchhändler sagt
im Jahresbericht über das Urheberrecht:
„Auf urheberrechtlichem Gebiet ist aus dem Berichtsjahr zunächst
des Abschlusses neuer Literarverträge mit Belgien, Frankreich und Italien
zu gedenken. Diese bedeuten einen großen Fortschritt gegen die früheren