Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Vierundzwanzigster Jahrgang. 1908. (49)

Das Dentsche Reith und seine einzelnen Glieder. (Mai 1. 2.) 93 
Verträge, insofern namentlich der Ueberschungsschuß ein viel weitergehenderer 
geworden ist. Da die neuen Sonder-Literarverträge mit den genannten 
Staaten nach wie vor die Meistbegünstigungsklausel enthalten, so wird 
jeder weitergehende Vorteil, den einer von ihnen einer dritten Macht ein- 
räumt, auch den deutschen Werken ohne weiteres zustatten kommen. Wichtig 
ist ferner die Abänderung des österreichischen Gesetzes vom 26. Dezember 
1895 betreffend das Urheberrecht an Werken der Literatur, Kunst und 
Photographie durch das Gesetz vom 26. Februar 1907. Durch eine Ver- 
ordnung des Justizministers können nunmehr, insoweit Staatsverträge 
nicht bestehen, unter der Voraussetzung der Gegenseitigkeit die Bestimmungen 
des österreichischen Urheberrechts auf fremdstaatliche Werke ausgedehnt 
werden. Die Folge davon ist die Anbahnung des gegenseitigen Urheber- 
schutzes mit den Vereinigten Staaten von Amerika und Dänemark. Wenn 
somit auch der internationale Schutz der Geisteswerke immer mehr die 
berechtigte Anerkennung zu finden scheint, so wird er doch erst dann für 
vollkommen erachtet werden können, wenn sich die hauptsächlichsten, ihr 
noch fernstehenden Staaten, darunter insbesondere Oesterreich-Ungarn, die 
Vereinigten Staaten von Amerika und Rußland der Berner Uebereinkunft 
anschließen werden. Es besteht die Hoffnung, daß hierzu auf der am 
14. Oktober 1908 beginnenden und in Berlin stattfindenden Revisions- 
konferenz ein weiterer Schritt getan werden wird.“ 
1. Mai. (Berlin.) Die Kommission zur Untersuchung der 
Bankverhältnisse wird durch Staatssekretär v. Bethmann-Hollweg 
eröffnet. 
2. Mai. Der Reichstag genehmigt unter Ablehnung mehrerer 
sozialdemokratischer Anträge den Gesetzentwurf über den Versicherungs- 
vertrag und die Novelle zur Gewerbeordnung (den „kleinen Be- 
fähigungsnachweis"). 
2. Mai. (Reichstag.) Die Budgetkommission lehnt einen 
sozialdemokratischen Antrag, dem Norddeutschen Lloyd die Verpflich- 
tung aufzuerlegen, daß farbige Mannschaften auf den vom Reiche 
subventionierten Dampfern nicht verwendet werden dürften, ab. 
Diese Ablehnung stützt sich nach den „Berliner Neuesten Nach- 
richten“ auf durchschlagende Gründe, da sie wesentlich von der Rücksicht 
auf den gesundheitlichen Schutz der weißen Mannschaften bestimmt ist. 
Aus der Untersuchung des Hamburger Arztes Dr. B. Nocht „Die gesund- 
heitlichen Verhältnisse bei den Seeleuten“ (abgedruckt im Band 2 der vom 
Verein für Sozialpolitik herausgegebenen Publikation „Die Lage der in 
der Seeschiffahrt beschäftigten Arbeiter"“, Leipzig 1903, Verlag von Duncker 
Lumsot) kennt man die große Bedeutung, die der Hitzschlag als 
ankheits= und als Todesursache bei den Seeleuten der Handelsmarine 
hat. Die hierher gehörigen Verluste werden nur in der Minderzahl durch 
die unmittelbare Wirkung des heißen Klimas verursacht, die Mehrzahl 
kommt in den Maschinen-, Kessel- und Kohlenräumen der Dampfer zustande. 
Namentlich das Maschinenpersonal ist an Todesfällen infolge Hitzschlages 
stark beteiligt. Erkranken nun auch farbige Heizer am Hitzschlage, so ist 
doch der Prozentsatz der infolge Hitzschlages sterbenden weißen Heizer, wie 
aus den Verhandlungen des Hamburger Seeamtes hervorgeht, erheblich 
größer. Die auffallende Häufigkeit der Selbstmorde unter den Feuerleuten
	        
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