98 Das Dentsqhe Reich und seine einjeluen Slieder. (Mai 12.)
eigenem selbständigen Ermessen und ist nach dem Grundprinzip der modernen
konstitutionellen Monarchie nur für die Ausübung einzelner besonders
bedeutungsvoller Regierungsrechte, nämlich für die Gesetzgebung, das Be-
steuerungsrecht und die Verfügung über das Staatsvermögen an die Mit-
wirkung der Volksvertretung gebunden. Während der bisherige ständische
Staat kein einheitliches Staatsvermögen kannte, sondern als Vermögens-
massen, welche unmittelbar den Staatszwecken dienten, landesherrliches,
Landes= und ständisches Vermögen unterschied, verlangt der moderne
Einheitsstaat das Vorhandensein eines Staatsvermögens, welches von
staatlichen Behörden und Beamten nach Maßgabe eines Staatshaushalts-
voranschlages verwaltet wird, der zwischen Regierung und Landesvertretung
zu vereinbaren ist, und dessen Ausführung der Kontrolle der Landes-
vertretung unterliegt. Das Landesgrundgesetz hat daher die Aufgabe zu
lösen, aus Bestandteilen jener Vermögensmassen das neue einheitliche
Staatsvermögen zu bilden und dessen rechtliche Beziehungen, sowie die-
jenigen des künftigen landesherrlichen und des künftigen ständischen Ver-
mögens zu regeln. Nach dem Inhalt des Landesgrundgesetzes soll Staats-
vermögen das gesamte landesherrliche Vermögen werden, welches bisher
der Ausübung des Landesregiments und der Staatsverwaltung gedient
hat, ferner eine Reihe von Kapitalien und Fonds, welche an sich zum
Domanialvermögen gehören, das gesamte bisherige Landesvermögen, welches
teils unter landesherrlicher, teils unter ständischer, teils unter gemein-
schaftlicher Verwaltung des Landesherrn und der Stände stand (insbesondere
auch die Großherzogliche Friedrich-Franz-Eisenbahn), endlich das öffent-
lichen Zwecken dienende ständische Vermögen, soweit es mit den Funktionen
der Stände zusammenhängt, die mit der Verfassungsänderung auf andere
Instanzen, insbesondere auf die neue Landesvertretung übergehen. Eine
Anlage zum Landesgrundgesetz führt die dem Staatsvermögen zu über-
weisenden Vermögensobjekte im einzelnen auf, für die nähere Auseinander-
setzung über das ständische Vermögen werden weitere Verhandlungen
zwischen Regierung und Ständen vorbehalten. Ausgeschieden aus dem
Staatsvermögen bleiben, abgesehen von dem Privateigentum des Groß-
herzogs und der übrigen Mitglieder der großherzoglichen Familie, das
sogenannte Hausgut, welches ein Familienfideikommiß des großherzoglichen
Hauses bildet, in Besitz und Nutzung, sowie unter rechtlicher Verfügung
des Großherzogs als des Chefs des Hauses, sowie das Domanialvermögen.
Einen besonderen Bestandteil des Hausgutes bildet das Krongut, bestehend
aus mehreren Schlössern, Gebäuden, Gärten und Parks, sowie einer aus
der Staatskasse zu zahlenden jährlichen Kronrente von 300000 Mark,
welches von dem Lande nicht getrennt werden soll und deshalb mit der
Krone auf jeden Nachfolger in der Regierung übergeht. Letztere Bestim-
mung soll auch auf das Domanialvermögen Anwendung finden, welches
abgesondert von dem Staatsvermögen durch staatliche Behörden zu ver-
walten ist, und dessen Einkünfte nach Vorwegabzug der Kronrente und von
hausgesetzlich oder nach Ehepakten zu zahlenden Apanagen, Wittümern usw.
in die Staatskasse fließen. Im übrigen bleiben jedoch die bisherigen Rechte
des Großherzogs und des großherzoglichen Hauses an dem Domanial=
vermögen als einem dem großherzoglichen Hause eigentümlich gehörigen,
aber nach hausgesetzlicher Disposition auf das zur Regierung gelangende
Mitglied des Hauses übergehenden Vermögen unberührt. Der Großherzog
bleibt daher Grundherr im Domanium und insbesondere auch Inhaber
des landesherrlichen Jagdrechts, wenngleich dessen Erträge in die Staats-
kasse fließen. In Uebereinstimmung mit dem bisherigen mecklenburgischen
Staatsrecht soll der Landtag als das „verfassungsmäßige Organ, durch