Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Vierundzwanzigster Jahrgang. 1908. (49)

Das Deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Februar 18.) 31 
Dezimalen 0,00016. Ich werde auf die Frage der Plantagen späterhin 
einzugehen haben, nachdem der Herr Vorsitzende, wie ich gesehen habe, 
eine Eingabe des Pflanzerverbandes der Nordbezirke mit auf die Tages- 
ordnung der heutigen Sitzung gesetzt hat, und ich bitte um die Erlaubnis, 
diese Angelegenheit gleich mit behandeln zu dürfen, da ich so wie so auf 
die Arbeiterfrage zu sprechen kommen werde. Also auch in Ostafrika können 
wir mit großer Sicherheit einer weiteren sehr erheblichen Ermäßigung des 
Reichszuschusses entgegensehen. Ebenso erfreulich liegt es in der Südsee. 
Das ist besonders angenehm, als wir dort bisher keine besondere Seide 
esponnen haben. Samoa allerdings hat nur einen kleinen Zuschuß und 
jetzt 5 Mill. Mark Handel. Der Genugtuung über diesen Südseebesitz hielt 
man bisher stets entgegen, daß wir seinerzeit einen großen Betrag für die 
Marianen und Karolinen ausgegeben haben, wo nicht einzusehen sei, wie 
wir das Geld wiederbekommen könnten. Das hat sich nun geändert. Auf 
den Marianen und Palau sind große Phosphatlager gefunden, es haben 
sich Gesellschaften gebildet, welche sie ausbeuten wollen, wir haben Verträge 
gemacht, wonach wir in dem einen Falle eine feste Rente von 30000 Mark 
und eine Abgabe von 50 Pfennig per Tonne haben. Nun sind dort an- 
geblich 40 Millionen Tonnen gewinnbaren Phosphats vorhanden, die schon 
in großen Mengen gefördert werden. Auch in den Palau-Inseln hat sich 
ein ähnliches Unternehmen gebildet, dessen Phosphatbesitz allerdings nur 
auf 2 Millionen Tonnen geschätzt wird, das aber der Norddeutsche Lloyd 
zusammen mit der Nationalbank in Bremen abzubauen auf Grund einer 
neuen Gründung von 5 Mill. Mark sich anheischig macht, und da soll die 
Regierung im Minimum 25000 Mark und eine Abgabe von 1,25 Mark 
pro Tonne haben und einen Anteil am Gewinn. Ich habe schon im 
vorigen Jahre eine kleine Andeutung davon gemacht. Also auch da sind 
wir, glaube ich, auf gutem Wege. Das ist ja, wie ich zugebe, eine nicht 
unoptimistische Auffassung der Situation. Aber diese Medaille hat auch 
ihren Revers, und der Revers liegt darin, daß, je stärker das Eindringen 
des deutschen und überhaupt des fremden Einflusses ist, je größer die An- 
sprüche sind, die an die Eingeborenenbevölkerung gemacht werden inbezug 
auf Aenderung ihrer Lebensweise, ihrer Arbeitsweise, auf die Steuern und 
Lasten für den Fiskus, ebenso inbezug auf die Veränderung ihrer Recht- 
sprechung, desto größere Reibungsflächen entstehen, und desto größere Vor- 
sicht und Weisheit von der Kolonialverwaltung verlangt werden muß, 
damit wir die laufende und bleibend steigende Rente nicht aufzurechnen 
haben gegen die außerordentlich großen Verluste und Kosten, die wie unser 
Krieg in Südwestafrika leicht Proportionen finanzieller Art annehmen 
können, die das Reich auf Jahre hinaus mit Lasten belegen, die außer 
Verhältnis mit dem Nutzen des Schutzgebietes stehen. Erheben wir also 
diese Ansprüche an die Eingeborenen zu schnell, zu eifrig, zu energisch, so 
werden wir unsere günstige Position nicht halten können. Meine Herren, 
es gibt in den Kolonien und auch hier eine große Anzahl wohlmeinender 
Leute, die da glauben, daß die Kolonisation von Afrika durch verwaltungs- 
technische Maßregeln erledigt werden könne, und daß man durch Ausübung 
von Druck auf die Urbevölkerung oder durch Erlaß von allen möglichen 
Verordnungen nun die ganze Natur dieser Leute dort binnen kurzem 
würde umändern können, und ich kann es diesen Herren nicht verdenken, 
wenn sie von ihrem Standpunkte aus den Wunsch hegen, daß nun solche 
Maßregeln ergriffen werden; denn es handelt sich ja für sie nicht wie 
für das Deutsche Reich darum, auf eine planmäßige Weise einen wichtigen 
Zugang zu den Aktiven der Nation zu erhalten, sondern für sie handelt 
es sich darum, in verhältnismäßig kurzer Zeit Geld zu verdienen. Denn
	        
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