Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Vierundzwanzigster Jahrgang. 1908. (49)

Ves Veutsche Peich und seine einzelnen Glieder. (April 30.) 91 
III. Diplomatische Prüfung. 
§ 8. Die diplomatische Prüfung, die vor einer zu diesem Zwecke 
bestellten ständigen Kommission unter Vorsitz des Staatssekretärs des Aus- 
wärtigen Amtes stattfindet, ist eine schriftliche und eine mündliche. 
§ 9. Die schriftliche Prüfung umfaßt: 1. eine binnen 6 Wochen 
ohne fremde Hilfe anzufertigende Arbeit über ein Thema aus dem Gebiete 
der Geschichte, des Staatsrechts, des Völkerrechts, der Volkswirtschaft, der 
Finanzwirtschaft oder der Handelspolitik, 2. drei unter Aufsicht anzu- 
sertigende Arbeiten, und zwar: eine Arbeit über ein Thema aus einem 
der in Nr. 1 bezeichneten Gebiete, eine Arbeit in französischer Sprache 
über einen praktischen Fall oder ein geschichtliches Thema, und eine solche 
Arbeit in englischer Sprache. 
§ 10. Die mündliche Prüfung umfaßt: 1. neuere Geschichte (seit 
dem Jahre 1648), 2. politische Geographie, 3. Staatsrecht des Deutschen 
Reichs, 4. Staatsrecht der größeren fremden Staaten, 5. Völkerrecht, 
6. Volkswirtschaft, 7. Finanzwirtschaft, 8. Handelspolitik und Handels- 
beziehungen des Deutschen Reichs zu anderen Staaten. Bei der münd- 
lichen Prüfung hat der Bewerber ferner einen Vortrag über einen den 
Akten des Auswärtigen Amtes zu entnehmenden praktischen Fall zu er- 
statten. Die Prüfung in Geschichte und politischer Geographie erfolgt in 
französischer und englischer Sprache. 
§ 11. Von den Bewerbern, die eine juristische Prüfung noch nicht 
bestanden haben, ist außer den im § 9 bezeichneten schriftlichen Arbeiten 
eine Arbeit über ein Thema aus der Einführung in die Rechtswissenschaft 
unter Aufsicht anzufertigen. Auch wird die mündliche Prüfung auf die 
Einführung in die Rechtswissenschaft erstreckt. 
§ 12. Bei Bewerbern, welche die zweite juristische Staatsprüfung 
oder die Prüfung für den höheren Verwaltungsdienst bestanden haben, 
beschränkt sich die schriftliche Prüfung auf eine binnen sechs Wochen in 
französischer Sprache anzufertigende Arbeit über ein geschichtliches Thema, 
sowie eine unter Aufsicht anzufertigende Arbeit in englischer Sprache über 
einen praktischen Fall. Die mündliche Prüfung kann bei diesen Bewerbern 
auf neuere Geschichte und politische Geographie, sowie auf Handelspolitik 
beschränkt werden. 
§ 13. Die Aufgaben für die schriftlichen Arbeiten werden von dem 
Staatssekretär des Auswärtigen Amtes auf Vorschlag der Mitglieder der 
Prüfungskommission bestimmt. 
§ 14. Ueber das Ergebnis der Prüfung entscheidet die Prüfungs- 
kommission nach Stimmenmehrheit; bei gutem Ergebnis der schriftlichen 
Prüfung kann sie die mündliche Prüfung erlassen. Bei Stimmengleichheit 
gibt die Stimme des Vorsitzenden den Ausschlag. Im Falle des Nicht- 
bestehens der Prüfung bestimmt der Staatssekretär des Auswärtigen Amtes, 
ob und binnen welcher Frist der Bewerber zu erneuter Prüfung zuzulassen 
ist. Eine mehr als einmalige Wiederholung der Prüfung findet nicht statt. 
§ 15. Ueber das Bestehen der Prüfung wird von der Prüfungs- 
kommission ein Zeugnis ausgestellt, worin die Leistungen des Bewerbers 
in den einzelnen Fächern bezeichnet werden und das Gesamtergebnis als 
„genügend“, „gut“ oder „sehr gut“ festgestellt wird. 
IV. Schluß- und Uebergangsbestimmungen. 
§ 16. Auf Grund des Bestehens der diplomatischen Prüfung wird 
der Bewerber zum Legationssekretär ernannt. 
§ 17. Im Falle der Behinderung des Staatssekretärs des Aus- 
wärtigen Amtes gehen die ihm durch diese Bestimmungen übertragenen 
Verrichtungen auf seinen Stellvertreter über.
	        
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