Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Fünfundzwanzigster Jahrgang. 1909. (50)

532 Rämishe Kurie. (Januar 5.— April 18.) 
VIII. 
Nömische Kurie. 
5. Januar. Kardinal Rampolla wird an Stelle des Kardinals 
Serafino Vannutelli, der sein Amt krankheitshalber niederlegt, zum 
Sekretär der Inquifitions-Kongregation (Santo Uffizio), deren Präfekt 
der Papst ist, ernannt. 
15. Februar. Päpstliches Schreiben an den Bischof von Speyer. 
Seit Beginn des Jahres gibt der Heilige Stuhl eine amtliche Ver- 
ordnungssammlung heraus, die unter dem Titel Acta apostolicae sedis 
zweimal monatlich erscheint und aus zwei Teilen besteht. Der erste, in 
lateinischer Sprache, enthält diejenigen Kundgebungen des Papstes sowie 
der römischen Kongregationen, die für die Gesamtheit der Kirche von Inter- 
esse sind, der zweite, italienisch redigierte, sämtliche Ernennungen, Beförde- 
rungen und Auszeichnungen, die vom Vatikan ausgehen. Im dritten Heft 
der Acta, das am 15. Februar erschienen ist, findet sich das Dankschreiben 
veröffentlicht, das Pius X. an Bischof Conrad von Speyer in Erwiderung 
des Glückwunschschreibens gerichtet hat, das dieser, wie sämtliche deutschen, 
überhaupt alle Bischöfe, anläßlich des Weihnachtsfestes dem Papste über- 
mittelt hatte. Das päpstliche Antwortschreiben ist in den Acta ausdrück- 
lich als den Modernismus behandelnd (circa modernismum) aufgeführt 
und durch seine Veröffentlichung amtlich zur Kenntnis der Kirche gebracht. 
März. Bulle in betreff der Papstrechte. 
Der Papst läßt an die Kardinäle eine Bulle verteilen, die das Veto- 
recht der weltlichen Mächte bei den künftigen Papstwahlen aufhebt und 
den Kardinälen bei Strafe der Exkommunikation verbietet, irgendeine direkte 
oder indirelte Beeinflussung durch weltliche Mächte während des Konklave 
zu dulden. 
10. April. Der Papst empfängt eine Abordnung der katho- 
lischen Arbeitervereine Westdeutschlands unter Führung des Reichs- 
tagsabgeordneten Giesberts. 
Der Papst billigt die interkonfessionellen christlichen Ge- 
werkschaften gegenüber den streng katholischen Fachabteilungen, der so- 
genannten Berliner Richtung, mit folgender Ansprache: „Ich bitte zu Gott, 
daß er Eure Tätigkeit segnen möge, und Ich freue Mich, daß Ihr nach den 
Lehren Meines Vorgängers, des Papstes Leo XlIII., Eure Arbeiterorgani- 
sationen eingerichtet habt, die jetzt so herrliche Früchte gezeitigt haben. 
Auch hat es Meine volle Billigung, daß Ihr in den christlichen Gewerk- 
schaften ein so erfolgreiches Apostolat ausübt und gemeinschaftlich mit 
den Protestanten zur Erhaltung des christlichen Gedankens tätig seid.“ 
18. April. In Rom wird in der Peterskirche die Zeremonie 
der Seligsprechung der Jungfrau von Orleans begangen. 
Der Bischof von Orleans zelebriert die Messe unter dem Beistand 
von dreizehn Kardinälen, darunter drei französischen. Anwesend sind 
außerdem sechzig französische Bischöfe, sowie mehrere italienische und andere 
ausländische, ferner der Herzog von Alencon, Verwandte des Papstes, endlich 
dreitausend französische Pilger und mehrere tausend einheimische.
	        
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