Des Deische Reich und seine einzelnen Glieder. (Januar 26.) 43
gibt als den anderen, schlägt dem Prinzip von Leistung und Pflicht gegen
den Staat geradezu ins Gesicht. (Sehr richtig! links.) Zweitens wollen
Sie nicht sehen, daß durch unsere Steuerreform die Realsteuern den Ge-
meinden überwiesen worden sind und daß Ihnen trotzdem noch die Grund-
steuer angerechnet wird, trotzdem Sie sie nicht mehr bezahlen. Dieser Punkt
liegt Ihnen so nahe, daß Sie ihn unmöglich übersehen können. (Sehr gutl)
Ein dritter Punkt ist der kolossale Terrorismus, der gerade von unten aus
jetzt gegenüber den bürgerlichen Parteien geübt wird. Herr v. Richthofen
erklärt zwar, er bedauere und verurteile diesen Terrorismus, aber an all
diesen Beschwerden, die das Wahlrecht darbietet, geht er achselzuckend vor-
über. Deshalb sind die Grundlagen doch bewährt, denn sie halten eben
die Machtstellung der konservativen Partei aufrecht. Pereat mundus, wenn
nur die Machtstellung der Konservativen erhalten wird. (Lebhafter Beifall
links.) Wir sind uns, solange die Reform des Wahlrechts auf der Tages-
ordnung steht, vollkommen treu geblieben. Wir halten die Reform für
notwendig, wünschen aber, daß diejenigen Klassen, die einen berechtigten.
Einfluß auf die Gesetzgebung ausüben müssen, ihn auch behalten.
Gerade unsere Anträge sind der Ausdruck der auch von uns geteilten
Emnpfindung, daß es nicht gut getan ist, die schwerste politische Entscheidung
in die große Volksmasse zu legen. (Sehr richtigl) Das Zentrum will.
theoretisch (Heiterkeit) das allgemeine geheime und direkte Wahlrecht. (Zu-
rufe vom Zentrum: Auch praktisch!) Um so weniger begreife ich, daß Herr
v. Richthofen gerade bei dieser Gelegenheit sich dem Zentrum anbot, um
sich mit ihm zu verbrüdern. (Lebhafter Beifall links.) Gerade in diesem
Punkt, wo wir den Konservativen doch viel näher stehen als das Zentrum,
wäre es naturgemäß gewesen, Herr v. Richthofen hätte seine Angriffe gegen
das Zentrum gerichtet und uns ungeschoren gelassen. In Bezug auf das
Wahlrecht stehen wir den Konservativen, wenn uns auch ein gewisser Ab-
grund'trennt, näher als das Zentrum, und daher ist es auffallend, daß
Herr v. Richthofen es für angebracht hielt, sich gerade bei dieser Gelegen-
heit besonders zentrumsfreundlich zu zeigen. (Sehr richtig!) — —
Der Abg. Frhr. v. Richthofen hat mit einer gewissen Ironie auf
die jungliberalen Kräfte in unserer Partei hingewiesen und hat ge-
meint, daß sie die treibende Ursache seien, weshalb wir glaubten, mehr
nach links gehen zu sollen. In dieser Frage ist das nicht der Fall. Un-
beschadet vielleicht ihrer Ideale, unbeschadet ihrer Vorliebe für das all-
gemeine Wahlrecht haben auch die Jungliberalen Preußens sich auf den
Standpunkt gestellt, daß sie dieses reformierte Wahlrecht für dasjenige
halten, was zurzeit gerade in Preußen am besten durchzuführen ist, und
ich möchte nur den Wunsch hegen, daß Sie sich auf denselben Standpunkt
stellten und dieselbe politische Einsicht bewiesen wie die Jungliberalen.
(Heiterkeit.) Das ist gerade der Boden, auf den die Konservativen von
ihrem Standpunkte aus treten sollten.
Daran hindert Sie aber, wie gesagt, Ihr Parteiegoismus und Ihr
Machtbedürfnis. Um das nun einigermaßen politisch zu verbrämen, hat
der Abg. v. Richthofen sich zu dem Ausdruck verstiegen, die Machtstellung
der Konservativen sei die festeste Grundlage des Regiments in Preußen.
Nun find wir nicht so töricht, etwa die Bedeutung einer konservativen
Partei für unser gesamtes Staatsleben zu unterschätzen. Wir sind selbst-
verständlich davon überzeugt, daß auch die Betätigung konservativer Ge-
danken in unserm politischen Leben durchaus notwendig und zweckmäßig
ist, und daß nur aus dem Widerspiel der Kräfte schließlich das hervor-
gehen kann, was für die gesamte Nation zweckmäßig und dienlich ist.
Aber was wir selbstverständlich von unserm Standpunkte aus bestreiten