Das NVesche Reich und seine einzelnen Glieder. (Februar 4.) 103
eine Entschädigungssumme von 15000 Toman (etwa 58000 Mark) gewährt
hat, deren letzter Teilbetrag bereits Ende September vorigen Jahres aus-
gezahlt worden ist. Der Fall ist typisch für die Leichtfertigkeit, mit welcher
Angriffe gegen das Auswärtige Amt erhoben werden.
4. Februar. (Bayern.) Auf der Journalistentribüne der
bayerischen Abgeordnetenkammer erscheinen in der Nachmittagsitzung
keine Berichterstatter, weil die Journalisten wegen überbürdung
durch die zu langen Sitzungen Arbeitseinstellung beschlossen hatten.
4. Februar. (Reichstag.) Der Handelsvertrag mit Por-
tugal wird in dritter Beratung mit schwacher Mehrheit angenommen
gegen die Stimmen der Mehrzahl der Nationalliberalen, eines Teils
des Zentrums und der Reichspartei und die Wirtschaftliche Vereinigung.
4. Februar. (Reichstag.) Dem Reichstag geht der ab-
geänderte Gesetzentwurf über den Absatz von Kalisalzen zu. (Siehe
17. Dez. 19091)
In der Begründung heißt es: „Die Kalisalzlager stellen einen be-
trächtlichen Teil des deutschen Nationalvermögens dar, dessen Bedeutung
noch durch den Umstand gesteigert wird, daß Kalisalze, abgesehen von un-
bedeutenden Aufschlüssen, im Auslande bis jetzt nicht aufgesunden worden
sind. Deutschland besitzt also ein Naturmonopol, vermöge dessen die Pro-
duzenten in der Preisbemessung durch keine Rücksichten auf ausländischen
Wettbewerb eingeengt sind. Diese Verhältinisse ermöglichen mäßige Preis-
stellung. Die reichlichen Erträge aus den Kalilagern haben die Zahl der
Produktionsstätten erheblich schneller wachsen lassen als an Kalisalzen ge-
braucht wurde. Die Zahl der Werke steigt noch immer. Eine Anzahl
größerer Werke zeigt die Neigung, ihre Ueberlegenheit kleineren Werken
gegenüber zur Geltung zu bringen und sich von den die freie Entfaltung
ihrer Kräfte hemmenden Fesseln des Syndikats zu befreien. Die Be-
mühungen des Kalisyndikats sind, wie bekannt, gescheitert und die großen
Werke haben einen scharfen Konkurrenzkampf begonnen. Auch die Gefahr
der Auflösung des bestehenden Teilsyndikats besteht, und damit würde der
Beginn eines ungezügelten Konkurrenzkampfes bevorstehen. Es besteht
also die Notwendigkeit, die schwächeren Werke zu schützen, um eine schwere
Schädigung wichtiger Interessen der Allgemeinheit zu verhindern. Der
Absatz der Salze an das Ausland zu Schleuderpreisen würde auch die
deutsche Landwirtschaft gegenüber der ausländischen schädigen. Auch würde
das Ausland sicherlich billig Kaliwerke infolge der Entwertung ankaufen
und Einfluß auf die Gestaltung der Verhältnisse der deutschen Kaliindustrie
gewinnen. Auch die Gefahr eines Kalitrustes durch Ankauf kleinerer Werke
ist nicht von der Hand zu weisen. Ein Eingriff des Staates zur Ver-
hütung eines Syndikatszusammenbruchs war unter diesen Umständen un-
vermeidlich. Der im Wege der freien Vereinbarung auf die Daner nicht
mit Sicherheit zu ergielende Zusammenschluß aller Beteiligten muß deshalb
vorübergehend (bis 1930) durch gesetzliche Vorschriften herbeigeführt werden,
und zwar so lange, bis die Verhällnisse der Kaliindustrie sich so weit ge-
festigt haben werden, daß diese durch eigene innere Kraft zusammen-
gehalten wird.“
4. Februar. (Preußisches Abgeordnetenhaus.) Die
Gesetzentwürfe betr. die Abänderung des preußischen Gerichtskosten-