Das Denisqe Reith und seine einzelnen Glieder. (März 11.) 95
daß diese Steigerung der Güterpreise nicht allein in den eigentlichen An-
siedelungsprovinzen, sondern ebensosehr im ganzen übrigen Osten, so in
den Provinzen Pommern, Ostpreußen und Schlesien, zu konstatieren ist.
Auch hier haben die Preise gegen früher eine bedeutende Höhe angenommen.
Man kann daraus jedenfalls der Ansiedelungskommission nicht den Vorwurf
der leichtsinnigen Vergeudung staatlicher Mittel machen. Wir dürfen zweifel-
los das ausschlaggebende Gewicht nicht nur auf die größere Bevölkerungs-
zunahme legen, sondern es kommt ebensosehr darauf an, daß die deutsche
Bevölkerung auch auf wirtschaftlichem Gebiet gehoben wird, und daß die
Deutschen auf dem Lande wirtschaftlich erstarken. Wenn es zweifellos richtig
ist, daß der polnische Volksteil aus den Provinzen Posen und Westpreußen
sich immer mehr zu einem selbständigen, sich von den deutschen absondern-
den Teil entwickelt hat, wenn er sich in teilweise verstärktem Maße den
Kulturvorteil zunutze gemacht hat, den die verstärkte Fürsorge der Staats-
regierung diesen Provinzen zugewandt hat, dann kann es meines Erachtens
keinem Zweifel unterliegen, daß die Staatsregierung auch ihrerseits die
Verpflichtung hat, dem Deutschtum in den wirtschaftlichen und nationalen
Kämpfen, um die es sich hier in der Ostmark handelt, zu helfen. Ich habe
schon früher darauf hingewiesen, daß die seit dem Jahre 1888 etwa an-
hebende verstärkte nationalpolnische Bewegung nicht nur in Europa,
sondern auch in anderen Erdteilen sich immer mehr zusammengefunden hat.
Diese Bewegung wurde umso kräftiger, je größer die Nachsicht und das
Entgegenkommen gewesen war. Wer mit den Maßnahmen der Staats-
regierung nicht zufrieden ist, der bleibt überhaupt die Antwort schuldig auf
die Frage, was aus dem Deutschtum geworden wäre, wenn in den letzten
25 Jahren nichts zu seiner Stärkung geschehen wäre. Wenn von polnischer
Seite mir entgegengehalten wird, daß der polnische Volksteil nichts anderes
erstrebt als die Wahrung seiner berechtigten Interessen im Rahmen der
Staatsverwaltung unter dem Schutze des preußischen Staates, so gebe ich
gern zu, daß es auch in der polnischen Bevölkerung zweifellos zahlreiche
Mitbürger gibt, die sich mit den bestehenden Verhältnissen abgefunden haben
und loyale Staatsbürger bleiben wollen. Aber man darf doch nur an die
Feier der Gedenktage der polnischen Revolution, man darf nur an den
Bonykott deutscher Kaufleute und Gewerbetreibender erinnern, um den Be-
weis zu führen, daß auch in polnischen Reihen anders gedacht wird. Die
Statistik des Besitzwechsels in den Ostmarken ist ja seit einer Reihe von
Jahren fortgeführt und hat das Ergebnis gezeitigt, daß deutscherseits ein
Gewinn von über 4000 Hektar zu verzeichnen ist. In der Begründung des
Gesetzentwurfes ist darauf hingewiesen worden, daß dieser Gewinn nur zu-
fällig war. Wenn man aber bedenkt, daß die Ansiedelung von deutschen
Arbeitern und Bauern gelungen ist, und daß in der Provinz Posen allein
über 130 000 Hektar Land dazu nutzbar gemacht worden sind, wenn man
die erfreuliche Tatsache in Betracht zieht, daß die Ansiedelungskommission
in den wenigen Monaten des Jahres 1913 über 5000 Hektar neu erwerben
konnte, so deutet das darauf hin, daß eine vermehrte und fortgesetzte An-
siedelungstätigkeit keineswegs in Zukunft ausgeschlossen erscheint. In Ueber-
einstimmung mit der Begründung kann ich auch an dieser Stelle die Hoff-
nung aussprechen, daß die Bewilligung der angeforderten 75 Millionen
einen weiteren Grundstock für die Tätigkeit der Ansiedelungskommission
schaffen wird, so daß die Kommission ihre Tätigkeit in dem bisherigen Um-
fange fortsetzen kann. Ich hoffe, daß Sie in gleicher Weise wie in früheren
Jahren durch Bewilligung der erforderlichen Geldmittel der Staatsregierung
zur Ansiedelungspolitik Jhre Zustimmung aussprechen werden. (Lebhafter
Beifall. Zischen b. d. P. und Sd.)