198 Das Dentsqe Reich und seine einzelnen Glieder. (April 14.)
hat, die das chinesische Unterpersonal bereits in ihrer Sprache vorbereitet
hatten. Der deutsche Kaufmann engagierte sich seinerseits auch Chinesen,
die englisch sprachen, und auch jetzt noch hat der deutsche Kaufmann nicht
die Neigung, Chinesen, die deutsch sprechen, zu engagieren. Er nimmt viel-
mehr, weil er seine Bücher englisch führt, den englisch sprechenden Chinesen
als Gehilfen an. Der Herr Abg. Heckscher würde also gut tun, wenn er
namentlich in hanseatischen Kreisen dafür sorgen wollte, daß die Regierung
in ihren Bestrebungen, die deutsche Sprache in China zu fördern, auch von
den Kaufleuten recht tüchtig unterstützt wird. Im übrigen möchte ich be-
merken: wenn England, Frankreich und Amerika vor uns einen Vorsprung
haben, so liegt das daran, daß ihnen reichliche Mittel zur Verfügung stehen,
reichlichere Mittel, als Sie sie uns zur Verfügung stellen. Wir werden
aber der Anregung, die uns hier vom hohen Hause erfreulicherweise zuteil
geworden ist, im nächsten Jahre gern entsprechen, und ich hoffe, daß wir
auch bei unserer Reichsfinanzbehörde ein entsprechendes Verständnis in dieser
Beziehung finden werden. Ferner kommt das Privatkapital den englischen,
amerikanischen und französischen Schulinteressen in ganz erheblichem Maße
mehr entgegen, als das bei uns der Fall ist. Auch in dieser Beziehung
wäre ein Appell an unsere Deutschen, die in China Interessen haben und
dort unsere Interessen fördern und nicht allein die Regierung dort arbeiten
lassen wollen, sehr am Platze.
Abg. Erzberger (3.): Noch ein Wort zu unserer Resolution, die
wir in der Budgetkommission eingebracht haben, der die Budgetkommission
einmütig zugestimmt hat, und ich bitte auch das hohe Haus, einmütig diesem
Beschlusse beizutreten. Die Resolution geht dahin, daß uns im nächsten
Jahre eine Denkschrift über den Ausbau des Orientalischen Seminars
zu einer deutschen Auslandshochschule unterbreitet wird. Das Orientalische
Seminar in Berlin hat eine ganz eigenartige Entstehungsgeschichte. Es ist
mir zuverlässig mitgeteilt worden, daß die Schöpfung des Orientalischen
Seminars nicht auf den Fürsten Bismarck direkt zurückzuführen sei, sondern
auf folgenden Umstand. Es kam ein türkischer Prinz hierher, keiner von
unseren Berliner Diplomaten konnte die Dolmetscherrolle zwischen dem
Fürsten Bismarck und dem Prinzen ausüben, der nur türkisch sprechen
konnte; da hat man einen jungen englischen Diplomaten, einen Attaché ins
Amt bitten müssen, der dann die Dolmetscherrolle gespielt hat. Das war
die Veranlassung, daß Fürst Bismarck sagte: dieser Lage dürfen wir uns
nicht wieder aussetzen, daß wir einen fremden Diplomaten bitten müssen,
um uns zu verständigen, — und so hat er die Gründung eines Orientalischen
Seminars angeregt. Es ist durch Gesetz vom Jahre 1887 geschaffen worden,
und zwar so, daß die Hälfte der Ausgaben von Preußen gezahlt wird, und
daß die andere Hälfte auf dem deutschen Reichsetat läuft. Die Verwaltung
liegt ganz in preußischen Händen: das preußische Kultusministerium hat
die Leitung übernommen. Nun bin ich der letzte, der sagen würde: der Mohr
hat seine Schuldigkeit getan, der Mohr Preußen kann nun gehen. Ich er-
kenne sehr gerne an, daß in den ersten 25 Jahren des Bestehens des Ortenta-
lischen Seminars Großes geleistet worden ist, weit mehr als irgend jemand
bei Schaffung dieses wissenschaftlich-praktischen Institutes je gedacht hat.
(Sehr richtig!) Ich hebe sehr gerne hervor, daß es namentlich dem un-
ermüdlichen Eifer des derzeitigen Direktors des Orientalischen Seminars,
des Herrn Geheimrats Sachau gelungen ist, eine große Zahl tüchtiger Ge-
lehrter an dem Institut heranzubilden. Aber wenn ich das alles auch sehr
gern anerkenne, so bleibt auf der andern Seite doch der Wunsch berechtigt,
daß die Frage einmal untersucht werden möchte, ob das Orientalische Seminar
auch künftig noch in dieser Zwitterstellung aufrechterhalten bleiben soll, oder