Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Neunundzwanzigster Jahrgang. 1913. (54)

216 Na Penische Reich und seine eintelnen Glieder. (April 23.) 
Wenn ich den Zeitpunkt ins Auge fasse — das ist bisher noch nicht ge- 
schehen —, zu dem er geschrieben worden ist, dann erhält dieser Brief eine 
anz andere Bedeutung, als man bisher in der Oeffentlichkeit angenommen 
at. Der Brief stammt aus dem Jahre 1907. Im Jahre 1907 war man 
in den militärischen Kreisen der ganzen Welt noch lange nicht so von der 
Vorzüglichkeit des Maschinengewehres durchdrungen wie heute, wo man es 
als unentbehrliche Waffe hinstellt. 1907 hat man in vielen Kreisen auch 
des deutschen Heeres die Maschinengewehre noch als Waffen gegen Herero 
und Hottentotten gekennzeichnet; ganz klein und minimal war die. Anschaffung 
von Maschinengewehren auf diesem Gebiete. Frankreich fing dann an, 
mehr Maschinengewehre auch in den Dienst seines europäischen Heeres zu 
stellen. Wenn ich mir diese Situation vor Augen halte, dann gewinnt der 
Brief der Deutschen Waffen= und Munitionsfabrik ein ganz anderes Ge- 
sicht, als wenn wir ihn aus diesem Zusammenhang herausreißen. Wie oft 
hat man uns hier im Reichstag gesagt, wenn wir 40 Millionen Mark für 
Maschinengewehre in den Jahren 1908, 1909 und 1910 — also gleich nach 
diesem Brief! — ausgegeben haben: wir brauchen diese große Neubeschaffung — 
haben sie auch bewilligt, weil Frankreich uns so viel auf dem Gebiete der 
Maschinengewehrbeschaffung voraus ist. Dann gewinnt der Brief der 
Deutschen Munitions- und Waffenfabriken ein ganz anderes Interesse, und 
es ist ein ganz anderes Material, als man bisher annehmen konnte. Ich 
bin überzeugt, daß, wenn die Resolution angenommen wird, wenn der Herr 
Reichskanzler die Zusage, die er heute gegeben hat, hält und wenn die 
Kommission Material finden wird, dann ein tüchtiges Stück Arbeit geleistet 
werden wird, und daß der Schlußeffekt mindestens der sein wird, daß wir 
manche Million künftig sparen werden, wenn zweckentsprechende Vorschläge 
aus der Kommission herauskommen werden. Aus diesem Grunde bitte ich, 
dem Antrage der Budgetkommission zuzustimmen. 
Abg. Dr. Paasche (Nl.): Ich bedaure unendlich, daß der Herr Staats- 
sekretär des Reichsamts des Innern die Erklärung abgegeben hat, unser 
Vorgehen sei verfassungswidrig. Der beste Beweis war der, den der Herr 
Abg. Erzberger gebracht hat: genau, wörtlich haben wir seinerzeit vor 7 oder 
8 Jahren dasselbe unter Zustimmung des ganzen Hauses getan. Die Kom- 
mission hat getagt und hat gearbeitet unter Leitung eines deutschen Staats- 
sekretärs. Mich hat bloß gewundert, daß Herr Graf Westarp im Namen 
seiner Freunde und der gesamten Reichspartei die Erklärung abgegeben hat, 
er könne für eine solche Resolution nicht stimmen, weil wir nicht das Recht 
hätten, in die Exekutive der Regierung einzugreifen. Ich erinnere nur 
daran, wie oft wir Nachprüfungen vorgenommen haben! Jetzt bei den 
Etatsberatungen, bei jeder Gelegenheit kritisieren wir, daß da und dort 
zuviel ausgegeben worden ist, z. B. daß für Panoramaferngläser der Preis 
zu hoch ist; wir kritisieren die Lieferungsabschlüsse usw. Ich erinnere daran, 
wie wir seinerzeit die Verträge, die mit der Firma Tippelskirch abgeschlossen 
worden sind, in der Kommission wie im Plenum auf ihren wirtschaftlichen 
Inhalt hin kritisiert haben, und wir haben uns nicht das Recht nehmen 
lassen, in solche Verträge mit hineinzureden und zu prüfen, ob sie den 
Intentionen des Hauses in wirtschaftlicher Beziehung entsprechen. Ich will 
auch weiter daran erinnern: die Marineverwaltung hat dem Plane nichts 
entgegengestellt, daß Mitglieder des Hauses, die Herren Erzberger, Nacken 
und mein Freund Weber in die Kaiserlichen Werften hineingegangen sind 
(Zuruf von den Sd.: Noske!), daß sie auf den Werften alle Bücher sich 
haben zeigen lassen, alles durchsprochen haben, ob wirtschaftlich richtig und 
gut gearbeitet wird, und ich erinnere daran, wie Herr Kollege Erzberger 
mit der Nachricht zurückkam, daß jährlich 24000 Kilogramm Rechnungen
	        
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