Das Deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Januar 11. 12.) 11
servative Abgeordnete v. Kraut mit 45 Stimmen gewählt. Der fortschritt-
liche Abgeordnete Konrad Haußmann erhält 32 fortschrittliche und sozial-
demokratische Stimmen. Die Nationalliberalen stimmen für Regierungs-
diretror v. Hieber. Kraut erhält sämtliche Stimmen des Zentrums und
der Konservativen.
11. Januar. (Württemberg.) Ein Zentrumsführer wird
Vizepräsident der Kammer.
Bei der Wahl des 1. Vizepräsidenten der Zweiten Kammer erhalten
v. Kiene (3.) und Liesching (Fr. Vp.) je 44 Stimmen. Da sich auch
im zweiten Wahlgang das Stimmenverhältnis nicht ändert, muß das Los
entscheiden, welches für v. Kiene entscheidet. Zum 2. Vizepräsidenten wird
Frhr. Pergler v. Perglas (K.) mit 38 Stimmen gegen den National-
liberalen Hieber (33 Stimmen) gewählt. Die 17 Sozialdemokraten geben
weiße Zettel ab.
11. Januar. (Sachsen-Koburg-Gotha.) Der Landtag wählt
zum Präfsidenten den Abg. Oberbürgermeister Liebetraut (Frs.), zum
-izepräsidenten den Abg. Geheimrat Dr. Dietzsch (Nl.).
12. Januar. (Kiel und Wilhelmshaven.) Neuorganisation
der Unterseebootsflottille.
Die Boote der Flottille werden zu gleichen Teilen in zwei „U“-Halb-
flottillen verteilt, von denen die erste ihren Hauptliegehafen in Kiel, die zweite in
Wilhelmshaven erhält. Als Führerschiffe finden Verwendung: 1. für die
Unterseebootsflottille der kleine Kreuzer „Hamburg“", Kommandant Korvetten-
tapitän Feldmann (Otto); 2. für die erste „U“-Halbflottille Torpedodivisions-
boot „D 5“. Kommandant Kapitänleutnant Kalrenbach, zugleich Chef der
ersten Halbflottille, und 3. für die zweite „U“- Halbflottille Torpedoboot
S 99". Kommandant Kapitänleutnant Spindler, zugleich Chef der zweiten
„U"- Halbflottille. Jede Halbflottille umfaßt 5 Unterseeboote. Die Leitung
der Unterseebootflottille liegt in den Händen des Fregattenkapitäns Siemens
(Werner), der zugleich als Kommandeur der Unterseebootsabteilung fungiert.
Die Ausbildung der Unterseebootsmannschaften erfolgt in der Unterseeboots-
schule, die der Leitung des Korvettenkapitäns Heuberer unterstellt und auf
dem von diesem befehligten Spezialschiff „Vulkan“ untergebracht ist.
12. Januar. (Löbau i. L.) Der Reichstagsabgeordnete Basser-
mann (NL.) hält eine Rede über die politische Lage.
Er verlangte die Ausfüllung der Lücken unseres Landheeres; die
Durchführung der allgemeinen Wehrpflicht sei eine Forderung der Gerechtig-
keit. Unsere bisherige auswärtige Politik sei nicht nur friedlich, son-
dern geradezu passiv gewesen. Dafür werde uns niemand danken. Nur
keine Politik der Illusion. Frankreich werde man nie versöhnen; England
wolle sich nicht mit der „deutschen Gefahr“ abfinden und Rußland könne
seine finanzielle Abhängigkeit von Frankreich nicht loswerden. Auf die
innere Politik übergehend, betonte Bassermann, hinsichtlich der allgemeinen
Besitzsteuer sei noch ein alter Wechsel einzulösen: die Erbschaftssteuer
des Fürsten Bülow, deren Ablehnung uns 110 Sozialdemokraten gebracht
habe. Die Konferenz der Finanzminister scheine allerdings manchen Wunsch
offen gelassen zu haben. Eine derartige Frage könne nur durch Energie,
nicht durch zögerndes Schwanken gelöst werden. Solche Energie würde
auch dem Reichstag imponieren. Begriffe wie Vermögenszuwachssteuer