250 Das Deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Juni 11.)
formationen und für die anderen Truppenteile können wir diese Mehr zahl
von Offizieren durchaus gebrauchen für eine gesteigerte Ausbildung unserer
Truppen. Glücklicherweise ist der Zuzug zur Offizierslaufbahn lebhafter
geworden, und die Heeresverwaltung wird weiter dafür sorgen, daß die
jungen Offiziere tüchtig ausgebildet werden. Bezüglich der Unteroffiziere
liegt die Sache noch einfacher. Sie können ja jeden Tag aus der Trupve
befördert werden. Warum sollen wir diese Beförderung verhindern, und
warum soll nicht einmal ein schnelleres Avancement der Unteroffiziere ein-
treten, die sowieso einen sehr schweren Dienst haben und so selten eine
Vergünstigung bekommen? Auch da wäre ich dafür, die vollen Stellen
einzustellen und es einfach der Heeresverwaltung zu überlassen, die ge-
eigneten Leute in die Stellen einrücken zu lassen. Es sind dann einige
Stellen von Kriegsgerichtsräten gestrichen worden. Es ist mir bekannt, daß
von einer bestimmten Seite eine gewisse Gereiztheit oder Abneigung gegen
diese Rategorie von Beamten besteht. Aber diese Gereiztheit ist doch eigent-
lich auf das Militärstrafwesen gerichtet. Daß da noch Verbesserungen mög-
lich sind, gebe ich zu; aber wir wollen doch eine Verstimmung, die sich
gegen eine Sache richtet, nicht auf die einzelnen Personen übertragen. Wenn
hier von der Heeresverwaltung Stellen gefordert werden für einen Truppen-
verband, einen Kommandanturbezirk, Gouvernementsbezirk usw., so sind diese
Stellen auch notwendig, wenn die Rechtspflege nicht einfach stillstehen soll.
Warum da Streichungen machen, die wirklich nicht begründet sind? Eine
weitere Streichung betrifft die Intendanturräte. Ich halte den Abstrich mit
der Begründung, die die KRommission angeführt hat, nicht für motiviert. Der
letzte Punkt, den ich noch anzuführen habe, ist die Streichung von Bezirks-
kommandeurstellen in der Stellung der Regimentskommandeure. Ueber
diesen Punkt ist schon soviel gesprochen worden, daß er doch endlich erledigt
sein sollte. Wir wissen alle, daß die großen Bezirkskommandos mit mehreren
Hundert Offizieren keine Sinekuren sind, sondern daß sie eine Persönlichkeit
erfordern, der die Erfahrung und die Autorität des Regimentskommandeurs
zur Seite steht. Wir können damit nicht einen jüngeren Offizier beauftragen.
Abg. Colshorn (Welfe): Der enge Zusammenhang zwischen
der Wehrvorlage und der Deckungsfrage wird für unsere endgültige
Stellungnahme entscheidend sein. Wir werden nicht den Geßlerhut grüßen,
den allem Anschein nach die Linke aufrichten will. Wir wollen, daß die
notwendigen Steuern unbedingt auf die Schultern der besitzenden Klassen
gelegt werden; aber wir wollen, daß das gerechte Steuern sind und nicht
Steuern, die ungerecht und einseitig wirken, wie es — wir wissen ja alle,
wohin das Streben der Linken geht — jedenfalls die Erbschaftssteuer sein
würde. Wenn also die Parteien — und ich meine speziell die eine Partei
(zu den Nl. gewandt, die immer das Wort im Munde führt, daß ihr das
Vaterland über die Partei ginge — in diesem Falle wieder einmal die
Partei über das Vaterland setzen will, dann weisen wir die Verantwortung
dafür ab, wenn mit unserer Hilfe das Gesetz scheitern sollte, und weisen sie
den Parteien oder der Partei zu, die dann die Schuld tragen wird. Wir
müssen aber inbezug auf die Deckungsfrage unseren Weg vollständig klar
sehen. Wir werden uns nicht auf Worte, Versprechungen, Kombinationen
verlassen, sondern wir werden nur dann der Wehrvorlage auch in dritter
Lesung unsere Zustimmung geben, wenn vorher die Deckungsfragen in dritter
Lesung erledigt worden sind.
Abg. Bassermann (Nl.): Zur Begründung unseres Antrags auf
Wiederherstellung der Regierungsvorlage und Bewilligung der drei von der
Budgelkommission gestrichenen Mavallerieregimenter gestatte ich mir
einige Worte. Zuvor möchte ich mir eine Bemerkung gestatten, was die