Das Deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Juni 11.) 251
Abstriche von rund 1000 Offizieren anlangt. Wir waren in der Budget-
kommission der Meinung, daß dieser Abstrich eine prinzipielle Bedeutung,
eine erhebliche materielle Bedeutung nicht haben kann, und zwar aus folgen-
dem Grunde. Es handelt sich um die Einstellung von 1000 weiteren
Offiziersstellen in den Nachtragsetat, in den Etat des laufenden Jahres.
Da wir nun in der Armee Mangnements haben, ist es gar nicht möglich,
neben der Ausfüllung dieser Mangnements noch weitere 1000 Offiziere auf-
zubringen, so daß diese Frage für den laufenden Etat kaum eine Bedeutung
hat. Infolgedessen haben wir auch einen Antrag auf Wiederherstellung
nicht gestellt. Was nun die Kavallerie anlangt, so waren meine politischen
Freunde in der Budgetkommission der Meinung, daß die Forderung der
neuen sechs Kavallerieregimenter begründet ist. Wir haben uns sehr eingehend
in der Budgetkommission über die Bedeutung der Kavallerie in den heutigen
Zeitläufen, bei diesen Riesenheeren und der wachsenden Feuerkraft der
Armee unterhalten und die Frage erörtert, ob die Kavallerie heute noch
die Bedeutung hat, die ihr früher zukam. Nun, ich meine, was die Auf-
klärung anlangt, die schließlich doch die Grundlage für die richtigen Ent-
scheidungen der Führer im Kriege ist, so werden wir einer zahlreichen und
guten Kavallerie niemals entbehren können, und es kann besonders nicht
davon die Rede sein, daß bei der glänzenden Entwicklung des Flugwesens
die Flieger und die lenkbaren Zeppeline die Kavallerie ersetzen können, schon
aus dem einzigen Grunde, weil das ganze Flugwesen abhängig ist von
atmosphärischen Einflüssen, und weil es so in einer Reihe von bedeutungs-
vollen und schwierigen Situationen dem Führer vollständig unmöglich ist,
auf die Aufklärung, die ihm die Ravalleriepatronillen bringen, zu verzichten.
Es ist in der Budgetkommission auch die Frage der Formation von
Ravalleriedivisionen im Frieden erwogen worden. Ich bedauere,
daß wir nicht schon im Frieden die Kavalleriedivisionen, wie die Franzosen
und Russen, formieren, will aber darauf nicht näher eingehen. Aber eins
ist festgestellt worden. Als man den Gedanken erwog, ob es nicht möglich
sei, aus den Korpsverbänden, die im Innern liegen, Kavallerie hinweg-
zunehmen und sie an die Grenze zu schicken, ist mit Recht darauf hin-
gewiesen worden, daß das schwer angängig sei, daß sich unsere ganzen Ver-
bände auf dem System der gemischten Waffen aufbauen, und weil uniere
Korpsformation darauf beruht, daß jedes Korps seine vier Kavallerieregimenter
hat. Im Anschluß daran kam die Erwägung, ob nicht aus dem Garde-
korps, das bekanntlich acht Kavallerieregimenter zählt, Regimenter weggenom-
men werden können, und da kam der Herr Kriegsminister auf Betrachtungen,
die wir und die Herren von der konservativen Partei bei den letzten Militär-
vorlagen angestellt haben. Er hob die hohe Bedentung gerade der Garde-
kavalleriedivision hervor, indem er sagte, das sei die einzige Kavallerie-
division, die schon im Frieden mit ihren ganzen Stäben, Adjutantur= und
Generalstabsoffizieren gebildet ist, und es sei von hoher Bedeutung für die
Militärverwaltung, daß sie wenigstens für den Ernstfall diese eine formierte
Kavalleriedivision je nachdem, wo es nottut, nach Osten oder Westen, werfen
kann. Wenn man das als richtig anerkennt, so wird man auch sagen
müssen, daß es nicht richtig wäre, diesen Verband auseinanderzureißen.
So kommen wir zu der Ansicht, daß die Streichung dieser drei Ravallerie-
regimenter ein Fehler ist. Streichen Sie diese drei Kavallerieregimenter, so
würde Oberschlesien, wo das eine Regiment hinkommen sollte, leichter dem
Angriff des Feindes ausgesetzt sein, und ebenso würde der Westen, für den
die Kavalleriebrigade gefordert ist, nicht hinreichend gesichert sein. Ich be-
antrage demnach, was die drei gestrichenen Kavallerieregimenter anlangt, die
Wiederherstellung der Regierungsvorlage.