Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Neunundzwanzigster Jahrgang. 1913. (54)

Das Deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. Juni 13.) 253 
werden, soweit militärische und wirtschaftliche Gründe es gestatten, nur in 
den Wintermonaten zu Uebungen einberufen“ wird angenommen. 
Ebenso die Resolutionen: Nr. 2: „bei Verabschiedung der Militär- 
vorlage die Erwartung auszusprechen, daß nur Volltaugliche eingestellt 
werden.“ Resolution Z: „den Herrn Reichskanzler zu ersuchen, dafür 
Sorge zu tragen, daß die Bestimmungen der Wehrordnung, betreffend Be- 
freiung vom aktiven Heeresdienst infolge bürgerlicher Verhältnisse (einziger 
Ernährer hilfloser Familien usw.) in der bisherigen rücksichtsvollen Weise 
auch in Zukunft Anwendung finden.“ Resolution 4:; „den Herrn Reichs- 
kanzler zu ersuchen, die erforderlichen Anordnungen zu treffen, damit a) die 
Soldaten mindestens durchschnittlich jährlich vier Wochen Urlaub erhalten 
können, b) der Urlaub für die berittenen Waffen in erhöhtem Umfange 
gewährt wird, c) diese Urlaubszeiten für die aus der Landwirtschaft stam- 
menden Soldaten tunlichst in der Erntezeit erteilt werden.“ Resolution 10: 
„den Herrn Reichskanzler zu ersuchen, Maßnahmen zu treffen, um den Train 
zu heben, auch eine Aenderung des Namens in Erwägung zu ziehen und 
dafür Sorge zu tragen, daß die volle Leistungsfähigkeit des Trains für 
den Fall der Mobilmachung sichergestellt wird.“ Resolution 16: „den 
Herrn Reichskanzler zu ersuchen, dem Reichstag baldigst einen Gesetzentwurf 
zur Abänderung des Gesetzes vom 28. Februar 1888, betreffend die Unter- 
stützung von Familien in den Dienst eingetretener Mannschaften, vorzulegen, 
durch den die Unterstützungen für die Familien der bei Mobilmachungen 
eingezogenen Mannschaften den veränderten wirtschaftlichen Verhältnissen 
entsprechend erhöht werden.“ Resolution 18: „den Herrn Reichskanzler 
zu ersuchen, gemäß § 18 des Mannschaftsversorgungsgesetzes dafür Sorge 
zu tragen, daß Gemeinden die bestehenden Vorschriften über Anstellung von 
Militäranwärtern nicht umgehen.“ Resolution 19: „den Herrn Reichs- 
kanzler zu ersuchen, Maßnahmen zu treffen, um die Leistungsfähigkeit der 
freiwilligen Krankenpflege für den Fall der Mobilmachung sicherzustellen.“ 
Resolution 20;: „den Herrn Reichskanzler zu ersuchen, angesichts der er- 
neuten Vermehrung der Wehrlast, dahin zu wirken, daß endlich die zu- 
gesagten Ersparnisse auf anderen militärischen Gebieten gemacht werden, ins- 
besondere u. a.:: a) durch Einführung einer kriegsgemäßen, einfachen und 
einbeitlichen Uniform für Krieg und Frieden, b durch den Ersatz von 
aktiven Offizieren für alle Stellen, für welche die Felddiensttauglichkeit nicht 
mehr die unbedingte Voraussetzung ist, durch inaktive Offiziere, c' dadurch, 
daß Offiziere, die für ihre Stellen noch vollkommen geeignet sind, nicht 
nur deshalb pensioniert werden, weil ihr Nachmann sie übersprungen hat.“" 
Resolution 22: „den Herrn Reichskanzler zu ersuchen, Anordnungen zu 
treffen, nach welchen nur solche Arbeitgeber den Zuschlag auf Lieferung 
von Staatsaufträgen erhalten, welche: ni den Arbeitern das Koalitions-= 
recht unangetastet lassen, b bei Einsendung von Offerten gleichzeitig ein 
Verzeichnis der bei ihnen gezahlten Löhne mit einreichen, c) keine geringeren 
Lohne bezahlen und keine schlechteren Arbeitsbedingungen stellen wie in 
gleichartigen Slaatsbetrieben oder gleichen vrivaten Unternehmungen, welche 
nicht für Heer und Marine arbeiten, d# eine Einigungs= und Schiedsinstanz 
bezeichnen oder schaffen." 
              13. Juni. (Leipzig.) Spionageprozeß. 
Der Angeklagte Wawrzik wird wegen versuchten Verrats militärischer 
Geheimnisse und wegen intellektueller Urkundenfälschung zu zwei Jahren 
und einer Moche Geiangnis, fünffährigem Ehrverlust und Stellung unter 
Polizeiaufsicht verurteilt. Wawrzik hatte sich, als er in Geldnot war, an 
einen Unteroffizier eines schlesischen Regiments gewandt, um sich ein Ge- 
wehrschloß zu verschaffen, das er an Frankreich ausliefern wollte.
	        
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