Das Deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Januar 12. 13.) 13
Versammlung des rheinisch-westfälischen Verbandes zum Schutze des
deutschen Grundbesitzes und Realkredites nimmt eine Resolution
gegen die steuerliche Überlastung des Haus- und Grundbesitzes an.
Darin wird gefordert, daß diejenigen Steuern, die konfiskatorische
Tendenzen aufweisen, beseitigt oder wenigstens wesentlich verbessert werden.
Auch müsse wiederum ein bestimmtes System in die Grundbesteuerung
hineingetragen und eine Höchstgrenze für die Besteuerung festgesetzt werden.
12. Januar. (Mainz.) Einweihung der neuen Stadtbibliothek.
Der Oberbürgermeister Dr. Göttelmann kündigt dabei an: der nächste
und letzte Schritt, auf den die Verwaltung bereits hinarbeite, sei die Er-
richtung einer Gemäldegalerie, da die Bilder bis jetzt im kurfürst-
lichen Schloß nur notdürftig, zum Teil gefährdet, aufbewahrt seien.
13. Januar. (Preußisches Abgeordnetenhaus.) Fort-
setzung der Beratung des Nachtragsetats für 1912. Jesuitenfrage.
Wahlrechtsreformfrage.
Abg. v. Zedlitz und Neukirch (Frk.): Nach den Darlegungen des
Kullusministers zur Jesuitenfrage vertrauen wir, daß, wenn im Reichs-
tage der Antrag des Zentrums wegen Aufhebung des Jesuitengesetzes an-
genommen werden sollte, der preußische Einfluß im Bundesrat gegen diesen
Beschluß geltend gemacht werden wird. (Hört, hört! im Z.) Trotzdem
dürfen wir doch wohl darauf rechnen, das alle bürgerlichen Parteien, auch
das Zentrum, im Kampfe gegen die Sozialdemokratie zum Schutze von
Thron und Altar alle Kräfte einsetzen werden. Das Ministerium Hertling
hat die Jesuitenfrage wieder akut gemacht. Graf Praschma hat ebenso wie
Frhr. v. Hertling ein sehr geringes Verständnis für die Empfindungen
unserer protestantischen Mitbürger, denn in allen deutschen Protestanten
— mögen sie nun einer Richtung angehören, welcher sie wollen — ist tief
eingewurzelt die feste Ueberzeugung, daß der Jesuitenorden eine Kampf-
einrichtung gegen den Protestantismus ist, daß sie in dem Jesuiten den
Todfeind des Protestantismus erkennen. (Zustimmung.) Das ist keine Phan-
tasie, sondern die Ueberzeugung, daß die grundsätzliche Gegnerschaft gegen
den Protestantismus zur Wesensart dieses Ordens gehört. (Widerspruch
im Z.) Man erblickt in der Aufhebung des Jesuitengesetzes eine Kampf-
ansage; man betrachtet die Wiedereinführung der Jesuiten als eine Kampf-
drohung, was natürlich im Protestantismus die Kampfstimmung auf der
ganzen Linie erregen muß. Es wäre deshalb das beste, wenn der jetzige
Zustand bliebe, wie er ist, wenn das Gesetz unter billiger, nicht schikanöser
Durchführung aufrecht erhalten würde im Interesse des konfessionellen
Friedens in Deutschland. (Lebhafter Widerspruch im Z.)
Finanzminister Dr. Lentze: Herr Abgeordneter Friedberg hat darauf
hingewiesen, daß bei Etatsüberschreitungen durch schleunige Bauten bei der
Eisenbahn erst die Genehmigung des Finanzministers eingeholt werden
müsse, wodurch große Verzögerungen entstehen würden. Das ist nicht
richtig: Bei allen übrigen Verwaltungen muß allerdings erst die Geneh-
migung des Finanzministers eingeholt werden, wenn der Etat überschritten
werden soll, aber bei der Eisenbahnverwaltung ist hiervon eine Ausnahme
gemacht. Die Eisenbahnverwaltung darf den Etat überschreiten in fast allen
Fällen, ohne die Genehmigung des Finanzministers einzuholen. Außerdem
stehen der Eisenbahnverwaltung noch verschiedene Mittel aus ihren eigenen
Einnahmen zur Verfügung, die sie ohne weiteres für neue Bauten ver-