258 Das Deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Juni 17.
noch an großen Erfolgen, heimgegangen und die Heldengestalt Kaiser
Friedrichs allzu früh und vielbeklagt dahingeschieden war, haben Eure
Majestät in jungen Jahren mit hohem Idealismus und ernstem Pflicht-
bewußtsein die Würden und Aufgaben des Königs von Preußen und
Deutschen Kaisers angetreten. „Allzeit Mehrer des Deutschen Reichs zu
sein, nicht an kriegerischen Eroberungen, sondern an Gütern und Gaben
des Friedens auf dem Gebiete nationaler Wohlfahrt, Freiheit und Ge-
sittung,“ das hat Eurer Majestät Höchstseliger Herr Großvater in der Ge-
burtsstunde des Deutschen Kaisertums als Leitsatz für Sich und Seine Nach-
folger verkündet. Diesem hohen Ziele, das Eure Majestät nach Uebernahme
der Regierung in der Thronrede vom 25. Juni 1888 vor versammeltem
Reichstage Sich zu eigen gemacht haben, sind Eure Majestät all die Jahre
her unbeirrt treu geblieben. Eure Majestät haben Sich in der Führung
der auswärtigen Politik des Reichs, wie im Innern stets aufs neue als
Wahrer des Friedens bewiesen, immer darauf bedacht, dem Reiche die
Stärke zu sichern, die eines ehrenvollen Friedens Gewähr ist. Glänzend
ist der wirtschaftliche Aufschwung, den Deutschland in diesen 25 Friedens-
jahren genommen, und der in allen Teilen des Reichs und in allen Schichten
der Bevölkerung die Zunahme des Wohlstandes gebracht hat. Umfassend
und sorgsam wurden die sozialen Einrichtungen zum Wohle der arbeitenden
Klassen erweitert und ausgebaut. Die Wehrkraft des Deutschen Reiches ist
in nie ermüdender Arbeit gepflegt und gefördert worden; insbesondere hat
sich die Marine unter persönlicher Initiative Eurer Majestät aus kleinen
Anfängen zu Achtung gebietender Stärke entwickelt. Was an sittlichen
Kräften, was an Edlem und Schönem im Deutschen Volke lebendig ist.
konnte der Aufmunterung durch Eure Majestät sicher sein. Den Blick auf
das Ganze und Einigende gerichtet, haben Eure Majestät den Wert und die
Bedeutung der Einzelstaaten im verfassungsmäßigen Organismus des Reiches
nicht verkannt; die Erhaltung der ihnen für die Förderung ihrer Kultur-
aufgaben unentbehrlichen Lebenskraft, ihre Rechte und Interessen durften
des Kaiserlichen Schutzes sich erfreuen. Hierfür, wie für alles, was Eure
Majestät in diesen 25 Jahren zum Besten unseres großen Vaterlandes er-
strebt und geleistet haben, möchten die deutschen Bundesfürsten und die
Freien und Hansestädte in dieser Stunde ihren frendigen Dank zum Aus-
druck bringen. Als äußeres Zeichen unserer Gefühle und Gesinnungen bitten
wir Eure Majestät, den Tafelaufsatz huldvollst entgegenzunehmen, den wir
einstweilen im Entwurf hier zu überreichen uns gestatten. Das Schiff, das
er darstellt, umrahmt von den Wappenschildern der deutschen Bundesstaaten,
mit dem Reichsadler auf schwellendem Segel und der Kaiserkrone als Schiffs-
zier, soll ein Symbol sein der Einigkeit der deutschen Fürsten, der Freien
und Hansestädte, des ganzen deutschen Volkes, — der unerschütterlichen
Einigkeit, die des Deutschen Reiches Macht und Glanz nach außen und im
Innern für immer verbürgt. Möge dem Schiffe des Deutschen Reiches
unter Eurer Majestät starker Führung, wie bisher, auf viele, viele Jahre
glückhafte Fahrt beschieden sein! Möge Gottes Gnade und Segen auf Eurer
Majestät, auf der huldreichen Kaiserin und auf dem ganzen in reichster
Blüte stehenden Hohenzollernhaus ruhen! Unsere Glückwünsche an diesem
Festtage, unsere Segenswünsche für die Zukunft der Regierung Eurer
Majestät fassen wir zusammen in dem Rufe: Seine Majestät der Deutsche
Kaiser und König von Preußen Wilhelm lI. lebe hoch!“
Hierauf erwiderte der Kaiser: „Eure Königliche Hoheit und alle
hier vereinten erlauchten Bundesfürsten wie die hohen Vertreter der Freien
und Hanfzestädte bitte Ich, für die Mir bereitete Ehrung Meinen innigen
Dank entgegenzunehmen. Von Herzen und mit Freude danke Ich für die