Das Deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. Juni 26.) 269
Einnahme aus dem Wehrbeitrag ausschließlich zur Deckung der Kosten für die
in der Wehrvorlage beschlossene Verstärkung der Wehrmacht zu verwenden.
Als solche Kosten gelten die einmaligen Ausgaben und die fortdauernden Aus-
gaben der Jahre 1913 bis 1916, soweit diese nicht aus dem Ertrage der
erlassenen oder noch zu erlassenden Deckungsgesetze oder aus laufenden Ein-
nahmen bestritten werden können. Wenn nach dem Voranschlag für 1915
die Einnahme aus dem Wehrbeitrag die Ausgabe, zu deren Deckung sie
bestimmt ist, überschreitet, ist der Mehrbetrag zur Kürzung des letzten
Drittels des Wehrbeitrages nach Maßgabe des Etatsgesetzes bereitzustellen.
Sämtliche Amendements werden abgelehnt. § 66a wird in der Fassung
der Kommission aufrechterhalten. § 67, welcher die Ausführungsbestim-
mungen dem Bundesrat überläßt, wird ohne Debatte angenommen. —
Damit ist die zweite Lesung des Gesetzentwurfs über den einmaligen Wehr-
beitrag erledigt.
26. Juni. (Reichstag.) Ergebnisse der zweiten Lesung der
Deckungsvorlagen im Plenum.
Bei der Beratung der einzelnen Paragraphen des Gesetzentwurfs
wurden im wesentlichen die Beschlüsse der Kommission aufrecht erhalten.
Gegen eine Erhöhung der beitragsfreien Vermögen und eine stärkere Be-
steuerung der hohen Einkommen, welche die sozialdemokratische Partei be-
antragte, stimmten alle bürgerlichen Parteien. Betreffend die Besteuerung
der land= und forstwirtschaftlichen Grundstücke nach dem Ertragswert, den
die konservativen Parteien vom Fünfundzwanzigfachen auf das Zwanzig-
fache herabsetzen wollten, wurde die Regierungsvorlage aufrecht erhalten.
Die Heranziehung des Vermögens der Toten Hand zum Wehrbeitrag fand
keine Mehrheit. Einstimmig billigten die bürgerlichen Parteien den Beschluß
der Kommission, den auch der Reichsschat#zsekretär verteidigte, daß der ein-
malige Wehrbeitrag nur zu den Zwecken verwendet werde, zu denen er
von vornherein bestimmt war. Von den Deckungsvorlagen für die dauernden
Ausgaben wurde die Stempelgesetzgebung nach den Beschlüssen der Kom-
mission mit der Aenderung angenommen, daß die Besteuerung des Feuer-
versicherungsstempels bei unbeweglichen Gegenständen fortfällt. Bei der
Beratung des Finanzgesetzes führte ein Antrag der Konservativen, die von
der Kommission gestrichenen ersten beiden Paragraphen in der Weise wieder-
herzustellen, daß das Reich von den Einzelstaaten Matrikularbeiträge erhebt
und ihnen vorschreibt, diese im Wege der Besteuerung des Einkommens,
des Vermögens oder der Erbschaften aufzubringen, zu einer lebhaften De-
batte über die Besitzsteuer überhaupt. Außer der konservativen Partei er-
klärten sich alle Parteien für das aus den Beratungen der Kommission
hervorgegangene Besitzsteuerkompromiß. Mit 272 gegen 91 Stimmen wurde
der konservative Antrag abgelehnt und damit auch das Besitzsteuerkompromiß
gebilligt. Der Reichsschatzsekretär hob hervor, daß noch niemals so ein-
mütig und bereitwillig von allen Parteien an einem großen Steuergesetz
gearbeitet worden sei, und daß deshalb die verbündeten Regierungen in
einer erneuten Prüfung darauf Rücksicht nehmen werden. Die Zuckersteuer
wurde in ihrer bisherigen, gesetzlich festgesetzten Höhe beibehalten. Da-
gegen wurde die Aufhebung des Scheckstempels zum 1. Januar 1917 be-
schlossen. Die Bestimmungen über die Erhöhung des Reichskriegsschatzes
in Gold und Silber wurden nach den Beschlüssen der Kommission an-
genommen. Zu einer eingehenden Debatte führte die Frage, ob die be-
stehende Wertzuwachssteuer als Reichssteuer aufzuheben sei. Obwohl der
Reichsschatzsekretär ernste Bedenken erhob, wurde ein Kompromißantrag
angenommen, nach welchem die Wertzuwachssteuer als Reichssteuer auf-