Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Neunundzwanzigster Jahrgang. 1913. (54)

Das Deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Juni 30.) 277 
die Militärvorlage die Forderung von sechs neuen Kavallerieregimentern 
einzusetzen; wir haben sie in der Kommission und im Plenum eingehend 
auseinandergesetzt, und sie sind von einer ganzen Anzahl von Abgeordneten 
auch heute wieder vorgeführt worden. Ich will zum Schluß nur nochmals 
betonen, die Forderungen, die in der Militärvorlage enthalten sind, sind 
das Mindestmaß dessen, was wir für erforderlich halten zum Schutze 
Deutschlands, und in diesen Mindestforderungen ist auch das Mindeste die 
Forderung von sechs Kavallerieregimentern. Verquicken Sie nicht politische 
mit militärischen Verhältnissen, hier handelt es sich lediglich um die Be- 
urteilung einer militärischen Frage. Diejenigen Instanzen in Deutschland, 
die die Verantwortung für den Fall eines Krieges tragen, sind alle in 
Uebereinstimmung der Meinung, daß sechs Kavallerieregimenter das Mindest- 
maß sind. Bewilligen Sie sie uns nicht, so werden wir in unserer Rüstung 
im Ernstfall zurückbleiben, und das wird sich für das Wohl Deutschlands 
sehr empfindlich geltend machen. (Lebhafter Beifall r.) — Damit schließt 
die Diskussion. 
           30. Juni. (Reichstag.) Abänderung des Militärstrafgesetz- 
buches. Wehrvorlage. Besitzsteuergesetz. 
Erste Beratung des von den Abgg. Ablaß und Gen. eingebrachten 
Antrags auf Annahme folgenden Gesetzentwurfs zur Abänderung des 
Militärstrafgesetzbuches: „Den 88§ 100, 103 Absatz 1, 106, 107, 109 
Absatz 2 und 110 des Militärstrafgesetzbuches wird folgender Absatz hinzu- 
gefügt: „Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Gefängnisstrafe ein.“ 
Da sich niemand zum Wort meldet, wird sofort in die zweite Lesung ein- 
getreten. Inzwischen ist ein Abänderungsantrag des Zentrums und der 
Linken eingelaufen, wonach als § 110 a folgende Vorschrift eingefügt wird: 
„Liegt in den Fällen der §§ 100, 106, 107, 110 ein minder schwerer Fall 
vor und ist die Tat nicht im Felde begangen, so kann die Strafe in den 
Fällen der §§ 100 Absatz 1 und 106 bis auf 6 Monate Gefängnis, in den 
Föllen der §§ 100 Absatz 2, 107 und 110 bis auf 1 Jahr Gefängnis er- 
mäßigt werden. Im Absatz 2 des § 109 wird das Wort zwei“ durch das 
Wort „einem“ ersetzt.“ Der Antrag Ablaß wird zurückgezogen und auf 
Antrag Bassermann dieser Abänderungsantrag als Zusatzantrag erklärt. 
Reichskanzler Dr. v. Bethmann Hollweg: Ich kann aus natür- 
lichen Gründen im gegenwärtigen Augenblick nicht im Namen der Ver- 
bündeten Regierungen sprechen. Für meine Person erkenne ich es an, daß 
es wünschenswert ist, für eine Anzahl militärischer Delikte mildernde Um- 
stände zuzulassen. Ich werde deshalb, falls der betreffende Abänderungs- 
antrag vom Reichstag angenommen wird, im Bundesrat für ihn eintreten. 
(Lebhafter Beifall I.) Der Antrag wird in zweiter Lesung einstimmig an- 
genommen und auf Antrag Bassermann sofort in die dritte Lesung ein- 
getreten. Der Gesetzentwurf wird einstimmig angenommen. 
         In der Fortsetzung der dritten Beratung der Wehrvorlage 
wird hierauf zunächst die zurückgestellte Abstimmung über die Anträge 
Basserman (Nl.) und Arnstadt (Dk.) auf Bewilligung der in zweiter Lesung 
abgelehnten drei Kaballerbireginlentrr vorgenommen: die Anträge werden mit 
den Stimmen der Rechten, des Zentrums und der Nationalliberalen an- 
genommen. Das Ergebnis der Abstimmung ruft andauernden stürmischen 
Beifall bei der Mehrheit hervor. In der Gesamtabstimmung wird die 
Wehrvorlage egen die Stimmen der Sozialdemokraten, Polen und Elsaß- 
Lothringer definitiv genehmigt. (Lebhafter Beifall r.) 
         Dritte Lesung des Entwurfs eines Besitzsteuergesetzes. 
In der Generaldiskussion bemerkt der Abg. Graf Westarp (K.): Meine
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.