Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Neunundzwanzigster Jahrgang. 1913. (54)

320 Das Deutshe Reich und seine einzelnen Glieder. (September 29.—Oktob. 1.) 
Im verflossenen Sommersemester stieg die Zahl der Männer auf 593, 
darunter 478 Mediziner, während die der Frauen auf 52 zurückging, unter 
denen sich 33 Studentinnen der Medizin befanden. 
         29. September. (Bayern.) Die Erhöhung der Zivilliste. 
In der Abgeordnetenkammer hält Finanzminister v. Breunig seine 
Budgetrede. In dem Etat des Königlichen Hauses und Hofes fordert das 
Budget für die „permanente Zivilliste Sr. Majestät des Königs“ 1 168 956 
Mark mehr gegenüber früher. Die Zivilliste soll eine Erhöhung von 
4231 044 auf 5 400 000 Mark erfahren. Der seit der Finanzperiode 
1888,89 alljährlich bewilligte Aversalbeitrag zu den Kosten des Unterhaltes 
des Prinzregenten, der bisher 100 000 Mark betrug, wird dagegen künftig 
wegfallen. 
         29. September. Dr. Robert Diesel, Erfinder des nach ihm 
benannten Motors, + auf der Fahrt von Antwerpen nach England. 
        30. September. (Stuttgart.) Das Organ der Konservativen 
Süddeutschlands, die „Deutsche Reichspost“, stellt ihr Erscheinen ein. 
        1. Oktober. (Hanau.) Das Eisenbahn-Regiment Nr. 2 ist aus 
Gründen erhöhter Kriegsbereitschaft von Berlin, wo es seit seiner 
Gründung garnisonierte, nach Hanau verlegt. 
         1. Oktober. Die „Frankfurter Zeitung“ veröffentlicht zum 
Thema „Titelhandel“ zwei Schriftstücke, die der Adressat, ein deut- 
scher Industrieller, zur Verfügung stellt. 
Ein Brief aus dem Jahre 1908 lautet in seinem Hauptteil: „Heute 
habe ich Gelegenheit, Ihnen eine besondere Offerte zu machen, resp. erlaube 
mir ganz höflichst anzufragen, ob Sie sich für den Titel eines Königl. 
Preuß. Kommerzienrats interessieren. Die Königl. Schatulle braucht für 
Stiftungen Geld, z. B. auch zum Wiederaufbau der alten abgebrannten 
Garnisonkirche, und ich bin in der Lage, durch einen Herrn in Berlin, 
welcher gute Beziehungen mit dem Ministerium hat, einen solchen Titel 
für ca. 75 000 Mark zu beschaffen. Sie werden gewiß lachen und denken, 
wie kommt .. . an solche Sachen, resp. derartige Vermittelungen. Ja, 
mein verehrter Herr, ich habe gute Verbindungen und Beziehungen und 
kann auch noch mehr, z. B. Titel für Bauräte, Königl. Hoflieferanten, 
Professoren, Hofräte, Konsulate, ja, wenn Sie wollen, auch bei 500000 Mark 
den Adel beschaffen, da an verschiedenen Höfen Geld gebraucht wird, so bin 
ich momentan gut assortiert. Aber ohne Geld für 'ne gute Stiftung ist so 
etwas nicht zu machen. Der Betrag wird bei einer sicheren guten Bank 
deponiert und wird der Betrag erst ausgezahlt, wenn der Titel von Berlin 
durch den Fürsten oder den betreffenden Staat bestätigt und alles klipp und 
klar ist. Ich habe hier schon einige Konsulate so gut wie fest besorgt von 
. .„was nun unterwegs ist . . . habe ich noch zu vergeben, ob sich dor- 
tiger Gegend ein Zigarrenfabrikant, dafür geeignet, finden läßt und bereit 
sein könnte, 20 000 Mark dafür zu geben? Ihre w. Nachrichten bleibe ich 
gern erwartend, und falls Sie hierauf nicht reflektieren, so würden Sie 
mich durch Namhaftmachung geeigneter Herren sehr verbinden. Kommerzien- 
räte von kleineren Bundesstaaten kann ich schon für 30000 Mark beschaffen."“ 
Ein zweiter Brief, dessen Absender dem Adressaten unbekannt war, lautet: 
„Im Auftrage einer höheren Persönlichkeit aus der Gesellschaft gestatte ich 
mir die höfliche Anfrage, ob Sie evtl. Wert auf eine Standesernennung
	        
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