Das Deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (November 11.—14.) 353
ergeben, daß Leutnant Frhr. v. Forstner beim Exerzieren am 28. Oktober
d. J. einen wegen unerlaubten Waffentragens und groben Unfugs vor seinem
Diensteintritt bestraften Rekruten in Gegenwart der Korporalschaft ermahnt
hat, Streitigkeiten mit Zivilpersonen und Schlägereien zu vermeiden. Dabei
sogte er ihm folgendes: „Nehmen Sie sich in acht, wenn Sie jetzt allein in
die Stadt gehen. Sie scheinen zu Schlägereien zu neigen und können in
Zabern leicht zu einer solchen kommen. Hemmen Sie also Ihren Taten-
drang.“ Hieran knüpfte er eine Belehrung, wie der Rekrut sich dagegen zu
verhalten habe, wenn er angegriffen wird, und sagte ihm: „Wenn Sie aber
angegriffen werden, dann machen Sie von Ihrer Waffe Gebrauch; wenn
Sie dabei so einen Wackes niederstechen, dann bekommen Sie von mir noch
10 Mark."“ Der Korporalschaftsführer fügte hinzu: „Und von mir außerdem
noch 3 Mark.“ Aus diesem Zusammenhang geht hervor, daß es ausgeschlossen
ist, daß der Leutnant mit dem gebrauchten Ausdruck die elsässische Be-
völkerung allgemein bezeichnet, daß er vielmehr mit dem Ausdruck „so einen
Wackes" nur streitsüchtige Persönlichkeiten und Raufbolde gemeint hat. (Siehe
8. bis 10. November.)
11. November. (Posen.) Der Polizeipräsident verbot bei
Strafe dem Jesuiten Mieloch-Lemberg seine weitere Missionstätig-
keit in der Dominikanerkirche.
11. November. (Posen.) Der Deutsche Apitz verkaufte das
Rittergut Radlowo, Kreis Wreschen, 1100 Morgen, an die Polin
Mikulska-Chwalkowo für 525000 Mark.
12. November. Freiherr Wilhelm v. Minnigerode-Rossitten,
1878—1884 Führer der Konservativen im Reichstag und im Ab-
geordnetenhause, f in Gries bei Bozen, 73 Jahre alt.
12. November. (Bayern.) Allgemeine Landeshuldigung für
König Ludwig III.
12. November. (Godesberg a. Rh.) Deraltkatholische Bischof
Josef Demmel f. 67 Jahre alt.
13. November. (Sachsen.) Eröffnung des Landtags.
Die Thronrede gedenkt zunächst der vaterländischen Erinnerungstage
dieses Jahres, insbesondere des Regierungsjubiläums des Kaisers und der
glänzend verlaufenen Feier der Einweihung des Völkerschlachtdenkmals in
Leipzig. Sie begrüßt des weiteren mit Genugtuung die Annahme der
Wehrvorlage im Bundesrat und Reichstag, die einen fortdauernden Frieden
verbürge, und fährt fort: „Nicht ohne ernste Sorge erblickt aber meine Re-
gierung in der zur Deckung eines Teiles der laufenden Ausgaben gewählten
ermögenszuwachssteuer eine Durchbrechung des Grundsatzes, daß den
Gliedstaaten des Reiches zur Erfüllung ihrer bedeutsamen Aufgaben die
direkten Steuern ungeschmälert zu belassen sind; meine Regierung wird
es daher als eine ihrer wichtigsten Aufgaben betrachten, im Einvernehmen
mit der Reichsverwaltung weiteren Beeinträchtigungen der bundesstaatlichen
Finanzrechte auf dem Gebiete der direkten Steuern entgegenzutreten.“
14. November. Die Kommission zur Prüfung der Rüstungs-
lieferungen unter dem Vorsitz des Staatssekretärs Dr. Delbrück ist
im Reichstag zusammengetreten.
Europäischer Geschichtskalender. LIV. 23