Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Neunundzwanzigster Jahrgang. 1913. (54)

Das Deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Dezember 10.) 425 
Fürsten und Heerführer, wie wir das erlebt haben. Dem Griechenkönig 
aben die Huldbeweise aus Berlin recht peinliche Stunden bereitet. Der 
eichskanzler hat die erfreuliche Besserung unseres Verhältnisses zu Eng- 
land und das vertrauensvolle Zusammenwirken mit England bei der Neu- 
ordnung der Balkanverhältnisse hervorgehoben. Wir freuen uns dieser 
Besserung, die unsere Auffassung bestätigt, daß gute Beziehungen zwischen 
England und Deutschland im Interesse beider Nationen liegen. Wir freuen 
uns um so mehr dieser Entwicklung, als wir mit unserer Auffassung recht 
behalten haben, die wir auch in den Tagen des hitzigen Streites um 
Marokko vertraten, als hier im Hause der Führer der Konservativen, 
v. Heydebrand, heftige Angriffe gegen England richtete, und der Thron- 
folger von der Tribüne herab diesen Auslassungen demonstrativen Beifall 
ollte. Bei aller Wertschätzung guter Beziehungen zu England sind wir 
indessen der Meinung, daß wir unsere wirtschaftlichen Interessen kräftig 
zu fördern haben. 
Kriegsminister v. Falkenhayn: M. H., durch einige Ausführungen 
über die Zaberner Angelegenheit bin auch ich gezwungen, noch einmal kurz 
darauf zurückzukommen, da ich es für eine meiner vornehmsten Pflichten 
erachte, hier Angehörige der Armee — wie ich dem Abg. Wiemer gegen- 
über bemerken möchte, mit Ausnahme von mir selbst — gegen Angriffe, 
die ich nach sorgsamer Prüfung nicht für zutreffend halten kann, in Schutz 
u nehmen. Es ist hier verschiedentlich betont worden, die Zuspitzung der 
erhältnisse in Zabern sei dem Umstande zuzuschreiben, daß der betreffende 
Offizier nicht schnell genug aus der Garnison entfernt, und daß in der 
Sache seiner Bestrafung Geheimniskrämerei getrieben sei. M. H., ich halte 
beide Vorwürfe nicht für richtig. Was die Versetzung anlangt, so ist es 
nützlich, sich immer wieder zu vergegenwärtigen, wie * denn die Dinge 
eigentlich abgespielt haben. Der Zeitungsartikel vom 6. November, in dem 
die Anschuldigungen gegen den Offizier enthalten waren, ist am 7. November 
dem Regimentskommandeur bekannt geworden, er hat den Offizier sofort 
gehört, zur Rechenschaft gezogen, und es ist am 8. November in einer 
Zaberner Zeitung, am 9. und 10. November in großen Straßburger Zei- 
tungen festgestellt worden, daß von einer beabsichtigten Beleidigung der 
elsässischen Bevölkerung gar keine Rede sein könne. (Lebhafte Zwischenrufe l. 
— Glocke des Präsidenten.) 
        Kriegsminister v. Falkenhayn: Gleichzeitig sind Vernehmungen der 
75 oder mehr Rekruten, die in der Instruktionsstunde anwesend waren, 
eingeleitet worden, denn nur durch deren Aussage konnte festgestellt werden, 
in welchem Umfange Beleidigungen dieser Leute vorgekommen waren. Aber 
ehe noch diese Vernehmungen abgeschlossen waren und abgeschlossen sein 
konnten, setzten die Straßenaufläufe und die Preßkampagne mit neuen An- 
schuldigungen gegen den Offizier ein, und daß nun von einer Versetzung 
keine Rede mehr sein konnte, ehe nicht ordnungs- und gesetzmäßig die 
Sachlage klargestellt war, das glaube ich hier im Hause schon ausreichend 
dargelegt zu haben. Es ist dann des ferneren hier gesagt worden, daß 
das, was nachträglich in der „Nordd. Allg. Ztg.“ über die Bestrafung des 
Offiziers und des Unteroffiziers wegen wörtlicher Beleidigung ihrer Unter- 
ebenen gestanden habe, auch in diesem hohen Hause bei der Verhandlung 
hötse gesagt werden können. M. H., das ist geschehen, und zwar ist es 
durch mich geschehen. Sobald ich durch die Ausführungen des Abg. Fehren- 
bach, ich muß sagen: zu meiner Ueberraschung, erfuhr, daß trotz der ganz 
klaren Gesetzesbestimmungen über diese Frage Zweifel bestanden, bin ich 
hier sofort aufgestanden und habe genau dasselbe gesagt, was jetzt in der 
offiziösen Verlautbarung gesagt worden ist. Mehr konnte ich nicht sagen,
	        
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