440 Das Deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Dezember 20.—23.)
20. Dezember. (Berlin.) Eingreifen der sozialdemokratischen
Gewerkschaften für die Bankbeamten.
Das Zentralorgan der sozialdemokratischen Partei teilt mit, daß die
Deutsche Bank den Vertretern der Generalkommission der deutschen Gewerk-
schaften keine ausreichende, schriftliche Erklärung hinsichtlich der Sicherung
des Koalitionsrechtes ihrer Angestellten gegeben habe. Deshalb könne die
Geschäftsverbindung mit dieser Bank nicht aufrechterhalten werden. Solche
Zusicherungen hätten gegeben und könnten deshalb empfohlen werden: die
Berliner Handelsgesellschaft, die Mitteldeutsche Kreditbank und der Schaaf-
hausensche Bankverein. Die Dresdner Bank, die Kommerz- und Diskonto-
bank und die Diskontogesellschaft hätten Erklärungen der geforderten Art
zwar nicht abgegeben; nach Angabe des Allgemeinen Verbandes der deut-
schen Bankbeamten seien aber in diesen Instituten den Angestellten bisher
beine Schwierigkeiten hinsichtlich der organisatorischen Betätigung gemacht
worden.
20. Dezember. (Berlin.) Der Parteiausschuß der sozial-
demokratischen Partei beschließt, den nächsten Parteitag in Würz-
burg abzuhalten.
20. Dezember. (Mecklenburg.) Der ordentliche Landtag in
Sternberg wurde durch ein großherzogliches Reskript verabschiedet.
Nach dem Reskript nimmt der Großherzog die Bewilligung der ordent-
lichen Landeskontribution an und genehmigt zur Deckung der Bedürfnisse
der Landessteuerkasse für 1914/15 die von den Ständen bewilligte Erhebung
der Einkommensteuer zum Einheitssatze des Steuertarifs nach § 16 des
neuen Einkommensteuergesetzes, die Ergänzungssteuer nach dem Steuertarif
desselben Gesetzes, den Voranschlag der Eisenbahnverwaltung für 1914/15
nach Maßgabe der geführten Verhandlungen. Der Landtagsabschied schließt:
Uebrigens sprechen der Großherzog den getreuen Ständen wegen der be-
friedigenden Ergebnisse des Landtages seine volle Anerkennung aus. Der
Großherzog entlassen, indem sie dem gegenwärtigen Landtage Endschaft
geben, die auf demselben versammelte Ritterschaft und Landschaft in Gnaden,
womit sie denselben gewogen bleiben.
23. Dezember. (Berlin.) Polizeipräsident von Jagow über
den Fall Forstner.
In einer Zuschrift an die Kreuzzeitung vertritt er folgenden Stand-
punkt: „Militärische Uebungen sind Akte der Staatshoheit Werden ihnen
Hindernisse bereitet, wie in Dettweiler, so gilt für deren Beseitigung das
Gleiche. Strafverfolgung wegen eines Aktes der Staatshoheit ist unzulässig,
ein selbstverständlicher Rechtsgrundsatz, betr. die Konflikte bei gerichtlichen
Verfolgungen der übrigens im § 7 des Preußischen Gesetzes wegen Amts-
und Diensthandlungen vom 13. Februar 1854 (Gesetzsammlung S. 86) für
Beamte auch ausdrückliche Anerkennung gefunden hat. Also durfte gegen
den Leutnant von Forstner Anklage nicht erhoben werden, geschweige denn
Verurteilung erfolgen. Anscheinend hat das Gericht erster Instanz diesen
Gesichtspunkt nicht geprüft; die Berufungsinstanz wird ihn der Beratung
vorweg zugrunde zu legen haben. Wäre die Rechtslage anders, so bedürfe
sie schleunigster Aenderung. Denn wenn unsere Offiziere, noch dazu solche,
die fast in Feindesland stehen, die Gefahr einer custodia inhonesta laufen,
weil sie für Ausübung des königlichen Dienstes freie Bahn schaffen, dann
erwächst dem vornehmsten Berufe Schande. Ein sie schützendes Reichsgesetz,