Das Deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Dezember 23.—27.) 441
nachgebildet dem genannten preußischen Gesetze, wäre dann dringende
politische Notwendigkeit. Dr. jur. v. Jagow.“
3. Dezember. (Braunschweig.) An Stelle des am 1. Februar
n. J. aus seinem Amt scheidenden Staatsministers Hartwieg ist der
jetzige Minister C. Wolff zum Vorsitzenden des Ministeriums er-
nannt worden.
23. Dezember. (Berlin.) Bei den Verhandlungen zwischen
Arzten und Krankenkassen ist ein Vergleich erzielt worden.
24. Dezember. (München.) Aus der Pinakothek sind drei
kleine Bilder gestohlen worden.
24. Dezember. (Straßburg.) Der verantwortliche Redak-
teur des „Journal d'Alsace-Lorraine“, Eugen Jung, wurde wegen
Beleidigung der preußischen Offiziere und Kommandobehörden vom
Landgericht zu drei Wochen Haft verurteilt.
25. Dezember. Die „Nordd. Allgem. Ztg.“ schreibt zu Herrn
von Jagows Kundgebung:
„In einer Zuschrift an die Kreuzzeitung hat der Polizeipräsident
von Berlin, nicht in seiner amtlichen Eigenschaft sondern als Privatperson,
zu dem kriegsgerichtlichen Verfahren gegen den Leutnant von Forstner Stel-
lung genommen. Bei der politischen Bedeutung der Angelegenheit wird
selbstverständlich die Staatsregierung zu entscheiden haben, ob und inwie-
weit im vorliegenden Falle die freie Meinungsäußerung die Grenzen über-
schreitet, die dem politischen Beamten auch als Privatperson durch seine
Stellung gezogen sind, und nötigenfalls die erforderliche Korrektur eintreten
lassen.“ (Siehe 23. Dezember.)
26. Dezember. (Zabern.) Beunruhigender Zwischenfall.
Auf einen im inneren Hofe der Schloßkaserne stehenden Posten des
Wachtkommandos vom Infanterieregiment 105 wurden zwei scharfe Schüsse
von einer außenstehenden Zivilperson abgegeben. Der Kreisdirektor hat
sofort eine Belohnung von 600 Mark auf die Ergreifung des Täters aus-
gesetzt. (Siehe 29. Dezember.)
27. Dezember. Der preußische Staatshaushaltsetat für 1911.
Nach dem von der „Norddeutschen Allgemeinen Zeitung“ veröffent-
lichten Ueberblick über den Entwurf des preußischen Staatshaushaltsetats
für das Etatsjahr 1914 schließt der Etat in Einnahme und Ausgabe mit
4846239 109 Mark ab. Von den Ausgaben entfallen 303357 491 Mark
gleich 6,3 Prozent der Gesamtausgaben auf das Extraordinarium (gegen
244986 956 Mark gleich 5,6 Prozent der Gesamtausgaben im Etat für 1913).
Einnahmen und Ausgaben halten, wie im Etat für 1913, ohne Anleihe
das Gleichgewicht.
Die Abgrenzung im Eisenbahnetat, wonach die Reinüberschüsse der
Eisenbahnverwaltung nur bis zur Höhe von 2,10 Prozent des sta-
tistischen Anlagekapitals der Eisenbahnen zur Deckung allgemeiner Staats-
ausgaben herangezogen werden dürfen, hat für 1914 zur Folge gehabt, daß
ein Betrag von 79151981 Mark zur Verstärkung des Ausgleichsfonds
etatisiert worden ist, gegen 93 482 835 Mark im vorigen Etat. Andererseits
ist zur Deckung der Mittel für die über die Grenze von 1,15 Prozent des