Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Neunundzwanzigster Jahrgang. 1913. (54)

Die österreichischungarische Moenarchie. (Februar 2.—11.) 19 
2. Februar. Offiziöse Kundgebung zur Balkanpolitik. 
Das „Fremdenblatt" schreibt: Im Interesse des Friedens und der 
auf die Beendigung des Kriegszustandes gerichteten Bemühungen Europas 
ist es unbedingt notwendig, daß die Türkei, die sich in ihrer Antwort auf 
die Kollektivnote der Mächte entgegenkommend gezeigt hat, sich auch dem 
Rate der Mächte vollkommen anschließt, da die Mächte nicht von ihrer 
Auffassung abgehen werden, die in der Kollektivnote niedergelegt ist. Andern- 
falls werden die Mächte keinen Druck auf die Balkanstaaten ausüben, um 
sie zur Annahme der türkischen Vorschläge zu veranlassen, die ja bisher den 
Wünschen der Großmächte nicht vollständig entsprechen. 
4. Februar. (Wien.) Kardinal Fürsterzbischof Dr. Franz 
AXaver Nagl f, 57 Jahre alt. 
5. Februar. Der Schnellzug, in dem Prinz Eitel Friedrich 
von Preußen mit Gefolge die Rückreise von Sinaja nach Berlin 
machte, stieß bei der Station Barathely bei Mediasch in Sieben- 
bürgen auf einen stehenden Lastzug, dessen letzte Wagen (Petroleum- 
tankwagen) in Brand gerieten. 
Während sechs Personen schwere Verletzungen erlitten, blieb der 
Salonwagen des Prinzen völlig unbeschädigt. 
7. Februar. (Cisleithanien.) Der Finanzausschuß des Ab- 
geordnetenhauses nimmt die Abänderung der Bestimmungen über 
die Höhe der Personaleinkommensteuer und die Einführung der 
Junggesellensteuer gemäß der Regierungsvorlage an. 
8. Februar. (Meran.) Graf Karl v. Coudenhove, 1896—1911 
Statthalter von Böhmen, (, 58 Jahre alt. 
10. Februar. (Cisleithanien.) Der Finanzminister brachte 
im Abgeordnetenhaus einen Gesetzentwurf über eine Zündmittel- 
steuer ein. 
Die Steuer beträgt für geschwefelte Zündhölzchen zwei Heller pro 
Schachtel, enthaltend 60 oder 80 Hölgchen, für Zündkerzchen 10 Heller. Feuer- 
zeuge sollen einer zwei Kronen nicht übersteigenden Steuer unterliegen. Der 
Ertrag der Steuer wird auf 9,5 bis 15,5 Millionen Kronen berechnet. 
10. Februar. (Wien.) Der sozialdemokratische Reichsrats- 
abgeordnete Franz Schumeier wurde nachts um ¾111 Uhr, als er 
aus einer Versammlung in Stockerau mit mehreren Genossen auf 
dem Nordwestbahnhof ankam, beim Aussteigen von einem Arbeiter 
namens Paul Kunschak erschossen, um an ihm RNache zu nehmen, 
weil der Attentäter durch die sozialdemokratische Organisation aus 
seiner Arbeitsstelle vertrieben wurde. (Siehe 17. Februar.) 
11. Februar. (Wien.) Das „Fremdenblatt“ bringt einen 
offiziösen Artikel über Skutari. 
„Die Einnahme Skutaris durch die Montenegriner würde nichts 
daran ändern, daß die endgültige Entscheidung über die künftige politische 
Europäischer Geschichtskalender. LIV. 29
	        
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