Jeriugal. (September 25. — Dezember 9.) 483
In dem Augenblick, als der Zug sich die Rue Carmo hinaufbewegte, ex-
plodierte auf dem Dom Pedroplatz eine Bombe. Unter den durch die
Bombenexplosion Verwundeten befinden sich vierunddreißig Minderjährige
und ein Kind. Der Urheber der Explosion wurde verhaftet.
25. September. (Lissabon.) Aufdeckung einer Verschwörung.
In der Vorstadt Cintra wurden drei Syndikalisten verhaftet, die
angeblich die Absicht hatten, den Ministerpräsidenten Affonso Costa zu er-
morden. Zwei weitere Verdächtige sind entkommen. Bei den Verhafteten
wurde eine große Zahl von Bomben und Pistolen gefunden.
30. September. Der Ministerrat hat die Gnadengesuche ge-
prüft, die von 287 (unter 379) verurteilten politischen Gefangenen
eingereicht worden find, und in 258 Fällen Begnadigung empfohlen.
5. Oktober. „Diario de Governo“ veröffentlicht ein Dekret,
durch welches 268 politische Gefangene begnadigt werden.
21. Oktober. (Lissabon.) Putschversuch zugunsten der nicht
amnestierten politischen Gefangenen.
Die Unruhen begannen damit, daß an verschiedenen Punkten der
Stadt die Polizeiwachen und die Wachen der republikanischen Garde an-
gegriffen wurden. Zahlreiche Angreifer wurden verhaftet, andere flüchteten.
Ebenso wurde eine Anzahl von Personen, die sich in einem Stickereiatelier
nahe dem Zivilgefängnis versammelt hatten, nach kurzem Widerstand ver-
haftet. Man glaubt, daß sie Vorbereitungen für die Befreiung der Ge-
fangenen aus dem Limoeirogefängnis getroffen hatten. Ein politischer Ge-
fangener wurde aus der Polizeiwache am Camino Novo befreit.
9. Dezember. Eröffnung des Parlaments.
Das Kabinett Affonso Costa hat eine Mehrheit von etwa 15 bis
20 Stimmen im Abgeordnetenhause, befindet sich aber im Senat trotz der
aus seiner Mitte gewählten drei Senatoren in der Minderheit. Der Rechen-
schaftsbericht der Regierung, der an die Stelle der früheren Thronreden
getreten ist, gibt eine Darstellung der Kommission, die die aus dem Gesetz
der Trennung von Kirche und Staat herrührenden Fragen zu bearbeiten
hatte. Wir entnehmen demselben, daß im Ganzen 618 Reklamationen gegen
Gütereinziehungen eingereicht wurden, davon 566 von Inländern und 52
von Fremden. Hiervon wurden anerkannt 251 und abgelehnt 334, so daß
noch 33 in der Schwebe bleiben, die, wie aus dem Bericht des Ministers
des Auswärtigen zu ersehen ist, dem Haager Schiedsgericht unterbreitet
werden. Allen anderslautenden Meldungen gegenüber betont der Bericht,
daß heute nur noch 162 politisch Verurteilte in den Gefängnissen und Zucht-
häusern sich befinden.
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