Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Neunundzwanzigster Jahrgang. 1913. (54)

518 Greßbritannien. (Oltober 20. -23.) 
ferner abgesehen von allem, was durch neue Entwicklungen erforderlich 
werden könnte, vier große Schiffe gegen zwei von Deutschland auf Kiel 
legen. Nun sagen wir in aller Freundschaft und Aufrichtigkeit, solange noch 
reichlich Zeit ist, zu dem großen deutschen Nachbarn: „Wenn ihr den Beginn 
des Baues eurer zwei Schiffe von dem regulären Zeitpunkt, an dem ihr 
den Bau beginnen würdet, um zwölf Monate aufschiebt, würden wir den 
Beginn des Baues unserer vier Schiffe in absolut gutem Glauben für die 
gleiche Frist aufschieben.“ Das würde einen vollständigen Feiertag für ein 
ganzes Jahr für England und Deutschland ergeben, soweit große Schiffe 
in Betracht kommen. Deutschland würde sechs, wir fast zwölf Millionen 
sparen, und die relative Stärke beider Länder würde absolut unverändert 
bleiben. Ein vollständiger Stillstand für ein ganzes Jahr wäre unmöglich, 
wenn nicht andere Mächte überredet werden könnten, ebenso zu handeln; 
aber wenn Deutschland und England die Initiative ergriffen, den anderen 
Mächten Europas voranzugehen, wäre da nicht große Aussicht auf Erfolg? 
Wenn Oesterreich und Italien nicht bauten, würde die Verpflichtung dazu 
auch für England und Frankreich wegfallen. Die Tatsache, daß der Drei- 
bund keine Schiffe baute, würde den Vorschlag ohne die geringste Gefahr 
für ein Risiko möglich machen. Und würde ein solches Ereignis nicht seine 
Wirkung auf den Schiffsbau Amerikas und Japans ausüben? Durch eine 
solche Politik würden viele Millionen für den Fortschritt der Menschheit 
frei werden, und selbst, wenn sie erfolglos bliebe, würde sie auf Europa 
einen wohltätigen Eindruck machen, der später sicher Früchte tragen würde.“ 
Churchill schloß: „Ich mache diesen Vorschlag für 1914 oder, wenn das 
zu nahe erscheint, für 1915. Ich bin für Gegengründe, die große Waffen- 
firmen in England und andern Ländern zweifellos erheben werden, völlig 
unzugänglich; sie müssen Diener sein, nicht Herren. Manche werden mich 
wegen meines Vorschlags tadeln; aber mögen sie spotten! Ich bin überzeugt, 
daß es für die Wohlfahrt und die Fortdauer unserer Zivilisation und des 
Aufbaues der europäischen Gesellschaft notwendig ist, daß die Rüstungs- 
fragen offen erörtert werden, nicht allein von Diplomaten und Regierungen, 
sondern auch von den Parlamenten und Völkern.“ 
20. Oktober. Zum Attorney General des englischen Kabinetts 
ist an Stelle des zum Lord-Oberrichter ernannten Sir Rufus Isaacs 
der bisherige Sollicitor General Sir John Simon befördert worden. 
21. Oktober. Zum albanischen Konflikt. 
Die „Westminster Gazette"“ schreibt: „Wir können den Stimmungs- 
wechsel in der Balkanfrage ermessen, wenn wir die fast völlige Gleich- 
gültigkeit, mit der Oesterreich-Ungarns einseitiges Einschreiten in Belgrad 
ausgenommen wurde, mit den erregten Protesten vor ein paar Monaten 
vergleichen, als Oesterreich-Ungarn eine ähnliche Aktion im Skutari-Falle 
plante. Diesmal sprach niemand von Kriegsgefahr zwischen Oesterreich- 
Ungarn und Rußland, und die Panflawisten in Rußland geben kein Lebens- 
zeichen. Frankreich allein scheint sich wegen der Serben und Griechen zu 
beunruhigen, aber schließlich setzt Oesterreich-Ungarn nur die Entscheidung 
der Mächte über Albanien durch, und wenn sein Einschreiten Erfolg hat, 
haben wir anderen kein Recht zur Klage."“ 
23. Oktober. Eine königliche Kommission ist ernannt worden, 
welche eine Untersuchung über das Verhältnis der Eisenbahngesell- 
schaften zum Staate anstellen soll. 
23. Oktober. (Ipswich.) Irlands Beispiel für Indien.
	        
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