Franreich. (Oktober 4. 5.) 559
Zweifel braucht man die Gefahr des Pangermanismus nicht zu übertreiben.
Die deutschen Chauvinisten sind noch nicht zu einer internationalen Gefahr
herangewachsen. Aber wir wissen nicht, wie weit sie morgen sein werden,
und deshalb stellt das Zeugnis des Prof. Nippold eine Warnung dar, mit
welcher die öffentliche Meinung Frankreichs rechnen darf.“
4. Oktober. Heeressorgen.
Der Kriegsminister macht bekannt, daß die Zahl der zwanzigjährigen
Rekruten, die ihren Militärdienst schon angetreten haben oder bis Ende
Oktober antreten werden, 180000 Mann übersteige. Paris und Umgebung
lieferte davon über 70 vom Hundert, fast das Doppelte mehr als Marseille
und Umgebung, wo der Erfolg hinter den bescheidensten Erwartungen
zurückblieb. Die Genugtuung der Kriegsverwaltung über dieses befriedigende
Ergebnis wird durch die scharfe Kritik beeinträchtigt, die ein Teil der
Presse an die mit gefährlicher Ueberhastung hergestellten Baracken knüpft,
die trotz gesundheitsschädlicher Feuchtigkeit und verschiedener anderer Miß-
stände sofort bezogen werden müßten. Von den an der Ostgrenze befehli-
genden Regimentskommandeuren hätten namentlich zwei, der Oberst des
69. Infanterieregiments und der Oberst des 12. Dragonerregiments, im
Dienstweg auf die Gefahr hingewiesen, die die neuen Baracken von Pont-
d'Essay und Montmartin in der Nähe von Toul bieten. Diese Beschwerden
wurden zwar von den Divisionskommandos befürwortet; aber die Truppen
werden die ihnen nun einmal angewiesenen Kasernen gleichwohl beziehen
müssen, da eine anderweitige Unterkunft zu schaffen nicht möglich ist. Der
Mangel an geeigneten Quartieren, so heißt es weiter, habe aber auch be-
denkliche Folgen für die allgemeine Kriegsbereitschaft. So müßten von zwei
Touler Festungsregimentern, 168. und 169., je sechs Kompagnien für un-
bestimmte Zeit abgetrennt und nach dem Felde von Mailli gesandt werden.
Eine Brigade der 41. Division des künftigen 21. Armeekorps, auf dessen
sofortige Marschfähigkeit man im Ernstfalle so großen Wert legt, werde
ihre Artillerie bei Vincennes bei Paris haben und könne erst drei Tage
nach der Konzentration des genannten Korps zu diesem stoßen.
4. Oktober. Neueinteilung der Flotte.
Das erste Geschwader wird demnach aus den beiden neuen Panzer-
schiffen „Jean Bart“ und „Courbet“ und aus sechs Schiffen der Danton-
klasse bestehen, während das zweite Geschwader die fünf Panzerschiffe vom
Typ der „Patrie“ und vorläufig eine Division aus drei Panzerschiffen vom
Typ der „Saint Louis"“, die früher zum dritten Geschwader gehörte, um-
fassen wird. Diese Division, die für Uebungen und Manöver dem Kom-
mandeur des zweiten Geschwaders unterstellt ist, wird im Kriegsfalle eine
Ergänzungsdivision bilden. Vizeadmiral Marin-Darbel wurde zum Kom-
mandanten des zweiten Geschwaders der ersten Kriegsflotte, Konteradmiral
Tracou zum Kommandanten der zweiten Division des zweiten Geschwaders
der ersten Kriegsflotte ernannt. Konteradmiral Darriens erhielt das Kom-
mando der Schulschiffdivision im Mittelmeer, Konteradmiral Lecannelier
das der Schulschiffdivision im Atlantischen Ozean.
5. Oktober. (Paris.) Abreise des Präsidenten Poincaré nach
Spanien.
5. Oktober. Stephane Lauzanne gibt im „Matin“ die Ziffern,
die das erste Regiment der Fremdenlegion am 1. August d. J. aufwies.
Darnach waren unter den 5390 Mann 2580 Franzosen, 350 Elsaß-
Lothringer, 870 Deutsche, 384 Belgier, 297 Schweizer, 223 Italiener,