Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Neunundzwanzigster Jahrgang. 1913. (54)

568 krankreich. (November 16.—21.) 
bei den in der asiatischen Türkei einzuführenden Reformen im vollen 
Einvernehmen mit der Pforte vorzugehen. Dies gelte insbesondere von den 
Reformen in Armenien; doch müsse man daneben die Wünsche der Armenier 
berücksichtigen. Rußlands Beziehungen zu den ostasiatischen Mächten lassen 
derzeit kaum etwas zu wünschen übrig. Die jüngst vernommenen Alarm- 
rufe, daß Japan neuerlich Feindseligkeiten gegen Rußland plane, seien un- 
berechtigt. Daß das mit seiner inneren Umgestaltung beschäftigte China an 
auswärtige Abenteuer nicht denken könne, verstehe sich von selbst. Die von 
Rußland in der Mongolei geplanten Reformen würden sich aller Voraus- 
sicht nach glatt vollziehen lassen, doch erheische das großzügige Werk viel 
Geduld und einen nicht unerheblichen Kostenaufwand. Dies solle aber keine 
Anspielung auf etwaige neue Ansprüche an den französischen Geldmarkt 
sein. Im Jahre 1914 werde von Frankreich kein anderes russisches An- 
lehen beansprucht als die viereinhalbprozentige Eisenbahnanleihe im Be- 
trage von 500 bis 700 Millionen, die in einer einzigen Emission aufgelegt 
werden sollen. 
16. November. (Paris.) Als Endziel in Berlin neu ein- 
geleiteter deutsch-fran zösischer Verhandlungen bezeichnet die Regie- 
rungspresse die völlige Beseitigung der Interessengegensätze Deutsch- 
lands und Frankreichs in der asiatischen Türkei. Die durchaus 
korrekten Beziehungen der beiden Staaten berechtigen, so meint der 
Temps, zu der Hoffnung, daß diese für die Erhaltung des Welt- 
friedens höchst bedeutsamen Unterhandlungen bald einen befriedi- 
genden Abschluß finden werden. 
17. November. (Paris.) Das spanische Königspaar ist ein- 
getroffen. 
18. November. (Kammer.) Annahme der Wahlreform. Mit 
333 gegen 225 Stimmen wird das gesamte Wahlreformgesetz in 
seiner neuen Gestalt angenommen. An Stelle des von der Kom- 
mission vorgeschlagenen Systems der Ersatzabgeordneten für Man- 
date, die durch Todesfall oder Rücktritt erledigt werden, setzte die 
Kammer ein System teilweiser Wahlen fest, die jedesmal vor- 
genommen werden sollen, wenn ein Wahlkreis auf zwei Drittel seiner 
Vertreter vermindert ist. 
20. November. (Kammer.) Die Errichtung des neuen 21. Armee- 
korps, das zwischen dem 7. und 20. Korps eingefügt werden soll, 
ist ohne Debatte angenommen worden. 
Für die Schaffung einer Abteilung für Luftschiffahrt im Kriegs- 
ministerium werden 30000 Franken bewilligt. 
21. November. (Paris.) In seiner Eigenschaft als franzö- 
sischer Reserveoffizier sandte der Chefredakteur der Autorité, Paul 
de Cassagnac, dem Leutnant Freiherrn von Forstner im 99. Regi- 
ment in Zabern einen eingeschriebenen Brief, der eine Heraus- 
forderung zum Duell enthielt.
	        
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