Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Neunundzwanzigster Jahrgang. 1913. (54)

krankreich. (November 22.—Dezember 1.) 569 
Der Brief kam uneröffnet zurück. Darauf wiederholte Cassagnac 
die Herausforderung in einer nach Zabern gesandten Depesche, die in der 
Frage gipfelte, ob Herr v. Forstner durch Duellverweigerung seine Uniform 
entehren wolle. 
22. November. (Paris.) Edouard Lockroy (1886—87 Minister 
der öffentlichen Arbeiten, 1895—96 und 1898—99 Marineminister) 
, 73 Jahre alt. 
24. November. (Kammer.) In der Budgetkommission wurde 
der Antrag der Regierung, erst über die Anleihe und dann über 
die Erbschaftssteuer zu verhandeln, mit 14 gegen 12 Stimmen ab- 
gelehnt. 
26. November. Die chauvinistische Presse fährt fort, hinter 
der Ernennung eines deutschen Generals zum Chef eines türkischen 
Armeekorps machiavellistische Pläne zu wittern. 
Die Verträge der Großmächte seien in Gefahr, nach deutscher Will- 
kür umgedeutet zu werden. Von einem deutschen Machtworte würde Oeff- 
nung oder Sperrung der Dardanellen abhängen. Nach den Forderungen 
des deutschen Sirdar würde das ganze ottomanische Finanzwesen um- 
gestaltet werden, und bald würden alle ausländischen Botschafter im Otto- 
manischen Reich erfahren, daß das Oberhaupt der Gläubigen sich und sein 
Reich unter den Schutz des deutschen Adlers gestellt habe. 
28. November. (Kammer.) Beginn der Debatte über die An- 
leihe von 1300 Millionen Franken. 
Der Bericht der Budgetkommission will die Anleihe auf 900 Mil- 
lionen beschränken, die Befreiung von allen Staatssteuern nicht in die 
Rententitel aufnehmen und erst die Vorlage über die Vermögenssteuer, aus 
der die Verzinsung zu bestreiten ist, erledigen, 
1. Dezember. Einer offiziösen Meldung zufolge haben die vom 
Marineminister Baudin getroffenen Maßnahmen zur Vermehrung 
der Rekruten der Flotte vollen Erfolg gehabt. Im nächsten Jahr 
werde die Flotte 14000 Mann mehr zählen, so daß auch für die 
neuen Kriegsschiffe eine völlig ausreichende Besatzung gesichert sei. 
1. Dezember. (Kammer.) Die Höhe der Anleihe. 
In der Verhandlung über das Anleihegesetz setzte der Finanzminister 
Dumont gegenüber der Kritik des Abgeordneten Malvy auseinander, daß 
die 400 Millionen, die unter dem Titel der Kosten für die Expedition in 
Marokko ausgenommen werden sollen, in Wirklichkeit nur dazu bestimmt 
sind, um für die besonderen Militärausgaben verwendet zu werden. Die 
Kammer gelangt zu den Abstimmungen und zwar zunächst über den An- 
trag Brousse, der 1500 Millionen vorschlägt. Der Ministerpräsident Barthou 
erklärte, die Regierung würde diese Ziffer annehmen. Der Sozialist Sembat 
wünscht eine bestimmte Erklärung, ob die Regierung auf dieser Summe 
bestehe, oder welche andere Summe sie unter ihrer eigenen Verantwortung 
verlangen werde. Der Ministerpräsident sieht sich dadurch veranlaßt, zu 
erklären, daß die Regierung die Vertrauensfrage zu der Ziffer von 1300 
Millionen stellen werde. Die Kammer hat darauf die Ziffer von 1500 Mil- 
lionen mit 374 gegen 206 Stimmen abgelehnt. Sie schreitet sodann zur 
 
	        
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