Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Neunundzwanzigster Jahrgang. 1913. (54)

Fraukrei. (Dezember 17. 18.) 573 
nehmen können, ohne sich vorher mit der Regierung darüber zu verständigen, 
daß sie auch offiziell an der Börse zugelassen werden. Der Senat nahm 
schließlich mit 201 gegen 50 Stimmen eine Tagesordnung Conyba an, 
welche das Vertrauen ausspricht, daß die Regierung, ausschließlich auf eine 
republikanische Mehrheit gestützt, demokratische Reformen durchführt. 
17. Dezember. Der Schriftsteller Pierre Loti, der es sich zur 
Aufgabe gemacht hat, die Interessen des Hafens Rochefort zu ver— 
teidigen, hatte eine Unterredung mit dem Minister Monis, um die 
von der Regierung beabsichtigte Schleifung der Befestigungswerke 
jenes Hafens für unheilvoll zu erklären. 
Loti schloß mit den Worten: „Wenn wir darauf rechnen, daß die 
britische Flotte helfen werde, Rochefort oder irgendeinen anderen atlantischen 
Hasen zu verteidigen, so können wir gleich als selbständige Seemacht ab- 
danken.“ 
17. Dezember. Der König von England und Präsident Poin- 
caré haben Telegramme ausgetauscht, in denen sie sich dazu beglück- 
wünschen, daß die französisch-englische Freundschaft und die In- 
timität der Beziehungen beider Länder durch den Besuch eines eng- 
lischen Geschwaders in Toulon neuerlich Gelegenheit gefunden hätten, 
offenbar zu werden. 
17. Dezember. (Kammer.) Ein Gesetzentwurf über die Schaf- 
fung eines militärischen Pulveringenieurkorps, eines Korps militä- 
rischer Pulvertechniker und von Beamtenstellen für die Pulververwal- 
tung wird angenommen. 
18. Dezember. „La France militaire“ über den gegenwärtigen 
Zustand der türkischen Armee. 
Seit Beendigung des zweiten Balkankrieges sollen nach den An- 
gaben des Verfassers etwa 2000(00 Mann bereits entlassen worden sein. 
Die noch unter den Waffen befindlichen 150000 Mann seien zwar in guter 
körperlicher Verfassung, aber ungenügend ausgebildet, da es an Offizieren, 
fehle; ebenso mangele es an Material und Verpflegungs- 2c. Vorräten. 
An den für den Rriegsfall unentbehrlichen Sanitäts= und Verwaltungs- 
Formationen soll sogar so gut wie nichts vorhanden sein. Augenblicklich sei 
man im Kriegsministerium und Generalstabe mit der Ausarbeitung eines 
Reorganisationsplanes der Armee beschäftigt. Die Zahl der gegen Schluß 
des Krieges vorhanden gewesenen 43 Divisionen solle stark, d. h. um 7 bis 3, 
diejenige der in Thrazien stationierten Divisionen von 12 auf 9 oder höch- 
stens 10 verringert werden. Eine besondere Kommission solle damit be- 
schäftigt sein, die den Offizieren während des Krieges verliehenen Dienst- 
grade zu revidieren und allen Offizieren ihre neue Bestimmung zuzuweisen. 
In dieses „Reorganisations-Fieber“ — wie sich der Verfasser ausdrückt — 
falle nun der Beginn der Tätigkeit des Generals Liman v. Sanders und 
seiner Gehilfen. Als sehr bedeutsam müsse der Einfsluß bezeichnet werden, 
den General Liman v. Sanders als ständiges Mitglied des Obersten Kriegs- 
rats auszuüben in der Lage sein würde. Noch niemals sei einem fremden 
General eine derartige Stellung eingeräumt worden. Selbst General von der 
Goltz sei seinerzeit nur gelegentlich vom Obersten Kriegsrat um seine Mei-
	        
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