574 krankreich. (Dezember 19.—23.)
nung befragt worden. Es sei keine Uebertreibung, wenn man behaupte,
daß der deutsche General in nicht mehr ferner Zeit der wirkliche Schieds-
richter über Krieg und Frieden in der Türkei sein werde. In keinem Lande
der Welt sei dem Chef einer fremden Militärmission ein so mächtiger Ein-
fluß zugestanden worden wie jetzt in der Türkei dem Chef der deutschen
Militärmission. General Liman von Sanders werde bald der unbestrittene
Oberkommandierende der gesamten türkischen Armee sein.
19. Dezember. (Senat.) Ohne Debatte wird die Vorlage an-
genommen, durch die im Mutterland ein neues Armeekorps ge-
schaffen wird.
20. Dezember. (Paris.) Winston Churchill, der englische
Marineminister, ist eingetroffen.
22. Dezember. Der ehemalige Ministerpräsident Barthou und
die ehemaligen Unterstaatssekretäre Berard und Bourely wurden
in die Gruppe der demokratischen Vereinigung aufgenommen.
B. Dezember. (Paris.) Jules Claretie, der frühere lang-
jährige Leiter der Comedie française, , 73 Jahre alt.
B. Dezember. (Kammer.) Erklärungen des Finanzministers
Caillaux in bezug auf die Finanzpolitik der Regierung vor der
Budgetkommission.
Da das Ministerium Barthon die Verpflichtung übernommen hatte,
eine serbische Anleihe in Frankreich unterzubringen sowie eine russische An-
leihe, die für den Ausbau des strategischen Eisenbahnnetzes Rußlands be-
stimmt ist, so erklärte Caillaux, daß er die übernommenen Verpflichtungen
halten werde, zumal Frankreich als Gegenleistung für sein finanzielles Ent-
gegenkommen gewisse Zugeständnisse erhalten habe. Nach den Berechnungen
Caillaux' betragen die einmaligen Ausgaben für Armee und Marine, wie
bereits gemeldet, mehr als 900 Millionen Franken; die dauernden Ausgaben.
die aus der Verstärkung der Armee entstehen, berechnet der Minister auf
600 Millionen. Die Regierung beabsichtigt, die einmaligen Ausgaben durch
eine in kurzer Frist zurückzuzahlende Anleihe zu bestreiten. Für die dauern-
den Bedürfnisse wird sie eine allgemeine Einkommentaxe, eine besondere
RNapitalsteuer und unter Umständen auch eine Verstärkung der Erbschafts-
steuer vorschlagen. Die Regierung könne jedoch — so fügte Caillaux hinzu —
eine bestimmte Vorlage erst nach Neujahr einbringen und jedenfalls werde
sic die Anleihe erst dann in Vorschlag bringen, wenn ihre übrigen Steuer-
vrojekte angenommen seien.
WB. Dezember. (Senat.) Der Ministerpräsident Doumergue
teilte der Wahlreformkommission mit, daß die Regierung im Januar
eine neue Vorlage einbringen werde, die geeignet sein werde, ein
GEinvernehmen zwischen Senat und Kammer für das Zustandekommen
der Wahlreform herbeizuführen.
Die Regierung denkt an ein Gesetz auf der Grundlage der Listen-
wahl mit beschränkter Vertretung der Minderheiten und unter Beibehaltung
eines zweiten Wahlganges. Die Senatskommission nahm die Mitteilung
des Ministerpräsidenten zur Kenntnis.