Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Neunundzwanzigster Jahrgang. 1913. (54)

598 Pelsien. (Februar 20.—September 27.) 
Vorher hatte in gebeimer Sitzung der Ministerpräsident die Er- 
klärung abgegeben, daß die internationale Lage sehr unklar sei und an 
der Ost- und Südgrenze Belgiens von Frankreich und Deutschland starke 
Truppenkörper zusammengezogen seien. Belgien müsse also in der Lage 
sein, nötigenfalls sein Gebiet vor einem Durchmarsch fremder Truppen zu 
sichern. Der Ministerpräsident erklärte ferner in öffentlicher Sitzung, daß 
Belgien keineswegs auf Grund irgendwelcher Intervention von außen her 
an die Militärreform gehe, sondern in voller Freiheit und aus eigener 
Initiative. Antwerpen benötige bei einer Ausdehnung seines Festungs- 
gürtels auf 120 Kilometer Länge 90000 Mann Garnison, Lüttich und Namur 
22500 und 17500 Mann. Die Feldarmee wird bei einer Schlachtenfront- 
länge von 65 Kilometer auf 175000 Mann angesetzt, um die genannten 
drei Städte decken zu können. Im ganzen rechnet der Ministerpräsident 
einschließlich Reserven mit einer Kriegsstärke von 340000 Mann, die den 
Armeen des Dreibundes und der Tripelentente gegenüber eine wertvolle 
Garantie für den Frieden darstellen könne. 
20. Februar. Der zum Botschafter in Rom ernannte bisherige 
deutsche Gesandte v. Flotow wurde vom König in Abschiedsaudienz 
empfangen. 
28. Februar. Der Kammer ist ein Gesetzentwurf zugegangen, 
der die Gleichberechtigung der flämischen Sprache mit der franzöfi- 
schen im Heere gewährleisten soll. 
18. März. (Brüssel.) Die Beschlüsse der interparlamentari- 
schen Union. 
Der Rat faßte eine Tagesordnung, in der die Genugtuung darüber 
ausgesprochen wurde, daß es den großen Mächten gelungen ist, den Balkan- 
krieg zu beschränken. Mit Genugtuung wurden ferner die Erklärungen der 
Marineminister Englands und Deutschlands aufgenommen, ohne jedoch ihre 
Tragweite zu überschätzen, da diese Erklärungen den Grundsätzen der Union 
entsprechen. Es wird bedauert, daß fortgesetzt Rüstungen stattfinden, die 
Ausgaben hervorriefen, deren Folgen im sozialen und wirtschaftlichen Leben 
der Nation unbegrenzt sind. 
28. März. (Kammer.) Annahme der Heeresreform in zweiter 
Lesung mit 104 gegen 62 Stimmen bei 3 Enthaltungen. 
10. Juni. (Senat.) Bei der Beratung der Heeresreform er- 
klärte der Ministerpräsident, daß die Vorlage eine einmalige Aus- 
gabe von 284 Millionen Franken notwendig mache, die durch eine 
Anleihe gedeckt werden solle. 
4. Juli. Nach einer Mitteilung des „Journal de Bruxelles“ 
hat die englische Regierung nunmehr offiziell die Angliederung des 
Kongostaates an Belgien anerkannt. 
9. September. (Brüssel.) Staatsminister Graf De Smet de 
Naeyer f, 70 Jahre alt. 
27. September. (Gent.). Schlußsitzung der Konferenz für die 
deutsch-französische Annäherung.
	        
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