Belgien. (Oltober 14. — Dezember 16.) 599
Es wurde beschlossen, für das nächste Frühjahr auf den neutralen
Boden Brüssels einen Kongreß einzuberufen, auf dem Journalisten und
Publizisten beider Länder tagen sollen. Es soll alsdann über die Gründung
eines deutsch-französischen Pressebureaus beraten werden, das ein der Auf-
klärung dienendes, regelmäßig erscheinendes Flugblatt herausgeben soll.
Baron d'Estournelles de Constant teilte dem Komitee brieflich mit, daß das
Pariser Bureau der Carnegiestiftung dem Komitee 500 Franken zur Ver-
fügung gestellt hat.
14. Oktober. (Kammer.) Schuldebatte.
Minister Poullet verteidigte seinen Schulgesetzentwurf, dessen Be-
rechtigung er nachzuweisen suchte. Von 765000 Kindern gehen 754000
in die Schulen, so daß bei Abzug der Anormalen gegenwärtig 7000 Kinder
ohne Unterricht bleiben. Der regelmäßige Schulbesöch aller Kinder soll mit
dem neuen Gesetz unbedingt gesichert werden. Das Gesetz gebe allen Schulen
ohne Unterschied die gleichen Wohltaten. Der Demokrat Deveze hielt dem
entgegen, daß der neue Gesetzentwurf nur die verhüllte Form des berüch-
tigten und viel befämpften Schollaertschen Gesetzes sei, lediglich darum ge-
schaffen, um durch Staatssubsidien die Macht der Klosterschulen zu befestigen
und der öffentlichen Schule den Boden zu entziehen.
29. Oktober. (Gent.) Der vierte Brand auf der Welt-
ausstellung.
Es brannten sieben Gebäude nieder. Der Schaden ist sehr bedeutend.
Die Feuerwehreinrichtung bewährte sich wieder ausgezeichnet. Es gelang,
ein stark gefährdetes öffentliches Gebäude, ein Kinderasyl, vor der Ent-
zündung zu bewahren.
1. November. Der deutsche Gesandte in Brüssel v. Below-Saleske
ist zur Überreichung seines Beglaubigungsschreibens vom König
empfangen worden.
8. November. (Kammer.) Das Kolonialbudget schließt mit
einem Fehlbetrag von rund 21 Millionen ab. Zur Deckung wird
die Ausgabe kurzfristiger Schatzscheine vorgeschlagen.
10. November. Aus einer Statistik geht hervor, daß Ende
1910 in 3607 Klöstern in Belgien 58351 Mönche und Nonnen
untergebracht waren. Das bedeutet im Vergleiche zum Jahre 1900
einen Zuwachs von rund 60 v. H., und wenn man dazu die Ziffer
von etwa 8 Millionen Einwohnern, die Belgien zählt, in Betracht zieht,
so ergibt sich auf 28 Einwohner je ein Mönch oder eine Nonne.
Dabei sind die vielen Geistlichen noch nicht einmal mitgezählt.
16. Dezember. Die Vergleichsverhandlungen zwischen der Prin-
zessin Luise von Belgien und ihren Gläubigern haben zu dem Er-
gebnisse geführt, daß die Widersprüche gegen den Vergleich zurück-
gezogen wurden, so daß das gerichtliche Verfahren damit hinfällig wird.
Die Gläubiger haben die vorgeschlagenen Vertrauensleute angenommen,
die eine Verteilung von 4½ Millionen Franken aus staatlichen Mitteln
vornehmen werden, so daß jetzt etwa 50 Prozent zur Auszahlung gelangen.