Rußsland. (März 2.—April 7.) 613
und Tonkunst gewährten Schutz besteht auch noch darin, daß die Schutz-
frist in Deutschland nur 30 Jahre beträgt, während das russische Gesetz
eine 50jährige Schutzfrist gewährt.
2. März. Der Minister des Innern lehnte das Gesuch der
Vertreter von Handel und Industrie, die Einführung der Kontroll-
hefte über die Dauer des Aufenthalts jüdischer Kaufleute außer-
halb des Anfiedelungsbezirks hinauszuschieben, ab.
5. März. Amnestie und Steuernachlässe.
Die Amnestie zum Romanow-Jubiläum wird durch ein kaiserliches
Manifest bekanntgegeben. Sie bringt einen vollständigen Straferlaß für
alle zu Gefängnis ohne Ehrverlust Verurteilten oder in Untersuchung
Stehenden, auf deren Vergehen keine höhere Strafe steht. Hiervon aus-
#enommen sind einige Gattungen der Roheitsdelikte. Ferner wird eine
ollamnestie für Preßvergehen und Majestätsbeleidigung gewährt. Alle
übrigen Verurteilten erhalten ein Drittel ihrer Strafe erlassen. Endlich
werden Steuerrückstände in größerem Maßstab erlassen. Die Amnestie nimmt
aber ausdrücklich einige politische Vergehen aus, so die Zugehörigkeit zu
revolutionären Vereinigungen, wofür die Sozialisten der zweiten Duma
bestraft wurden; serner Vergehen wegen gewaltsamen Umsturzversuchs und
Vergehen gegen das Sprengstoffgesetz. Auf dem Verwaltungsweg Verschickte
werden befreit, sofern die Verschickung von Zentralbehörden ausging und
nicht länger als ein Jahr dauert. Den übrigen wird die Verbannung um
ein Jahr verkürzt, wobei die Vergünstigungen aufgehoben werden können,
wenn die Behörden in Sibirien oder in den Nordgouvernements die Auf-
führung Verschickter ungünstig beurteilen.
5. März. Der Verweser des Ministeriums des Innern Mak-
lakow ist zum Minister des Innern ernannt worden.
9. März. (Petersburg.) Die Festlichkeiten aus Anlaß des
Romanow-Jubiläums fanden mit einem großen Bankett im Winter-
palais ihren Abschluß.
Anwesend waren u. a. der Kaiser, die Kaiserin, die Kaiserin-Witwe,
die Großfürsten und Großfürstinnen, der Emir von Buchara, der Khan
von Chiwa, die orthodoxe Geistlichkeit, der Patriarch von Antiochia, der
serbische Metropolit, der armenische Patriarch, der lutherische Bischof, die
Minister, die Präsidenten des Reichsrats und der Reichsduma, Vertreter
des Adels, der Semstwos und zahlreiche Deputationen. Die Zahl der Ge-
ladenen belief sich auf mehr als 1000.
11. März. Abkommen mit OÖsterreich-Ungarn über die De-
mobilisierung. (Siehe Osterreich-Ungarn 11. März.)
7. April. (Petersburg.) Panflawistische Versammlung zum
Einspruch gegen die angebliche Vergewaltigung der Griechisch-Ortho-
doren in Oesterreich-Ungarn.
Anwesend waren etwa 2000 Personen, darunter viele Studenten
und Geistliche. Die Redner schilderten die Lage der österreichischen Ortho-
doxen schlimmer als die der in Mazedonien wohnenden; sie forderten eine
russische Kontrolle und ein russisches Protektorat der Orthodoxen in Galizien
und der Bukowina. Viel bemerkt wurde das demonstrative Erscheinen des