Das Deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Februar 5. 49
heute wiederum in Königsberg zuteil geworden ist, haben mir in herz-
erbebender Weise gezeigt, mit welcher Freude die Provinz meine Teilnahme
an der heutigen patriotischen Feier begrüßt hat. Um so mehr bedaure ich,
daß J. M. die Kaiserin und Königin ihre Absicht, mich hierher zu begleiten,
inicige der Gott sei Dank fast überwundenen Erkrankung unseres Sohnes
Adalbert hat ausgeben müssen. Die Kaiserin hat mich aber beauftragt, der
Provinz Ostpreußen ihr lebhaftes Bedauern über die ihr entgangene Freude
auszusprechen und ihr ihre herzlichen Grüße zu übermitteln. Mit diesen
Grüßen verbinde ich meinen wärmsten Dank für die überaus schöne und
würdige Gestaltung des heutigen bedeutungsvollen Tages von der ergreifenden
gottesdienstlichen Stunde im Dome an, der trefflich gelungenen Ausstellung
mit den laut an Herz und Ohr dringenden. Zeichen der Erinnerung an die
große Zeit vor hundert Jahren bis zur jetzigen festlichen Vereinigung. Vor
unserem geistigen Auge steht heute wieder lebendig nicht nur die wackere
Tat der braven ostvreußischen Stände und damit die Geburtsstunde der
ruhmvollen preußischen Landwehr, wir gedenken auch mit Stolz des glück-
lichen Ausganges des gewaltigen Ringens des preußischen Volkes um seine
Freiheit und Ehre und der Begründung des zur Erhaltung des errungenen
unentbehrlichen Fundaments der Einführung der allgemeinen Wehrpflicht.
Diesem persönlichen und größten Opfer des preußischen Volkes hat es das
Baterland in erster Linie zu verdanken, wenn es sich heute seines Wohl-
standes und seiner Machtstellung im Frieden erfreuen und jeder Bürger
unbesorgt vor fremden Störungen seinem Geschäfte und Gewerbe nachgehen
und das Glück seines Hauses schmieden kann. So soll es, will Gott, auch
in Zukunft bleiben. Und wenn sich jetzt eine Verstärkung dieses
Fundaments im Rahmen der allgemeinen Wehrvoflicht als not-
wendig erweist, zweifle ich nicht, und darin bestärkt mich der heutige Tag,
daß das deutsche Volk zur Uebernahme weiterer persönlicher Opfer nach dem
ruhmlichen Vorbilde unserer Bäter freudig bereit sein wird. (Anhaltendes
Bravo.! Erheben Sie die Gläser: das Wohl und Gedeihen der Provinz
Ostpreußen! Drei Hurras für die Ostpreußen!“
5. Februar. (Preußisches Abgeordnetenhaus.) Die Unter-
richtskommission lehnt den nationalliberalen Antrag auf Befreiung
der Kinder von Dissidenten vom schulplanmäßigen Religionsunter-
richt mit 10 gegen 10 Stimmen ab.
5. Februar. (Elsaß-Lothringen.) Die Straßburger Re-
gierung hat den Benfelder Veteranenverein, der als eine Ortsgruppe
des Souvenir Alsacien-Lorrain zu betrachten ist, aufgelöst.
5. Februar. (Lübeck.) Staatsbudget für 1913.
Es schließt in seinen Einnahmen mit 17,912,090.13 Mark ab. Der
Feblbetrag beläuft sich auf 621,089.41 Mark. Zur Deckung sind vorgeschlagen
eine Warenhaussteuer und 17 Prozent Zuschlag zur Einkommensteuer.
5. Februar. (Straßburg i. E.) Falscher Alarm.
Auf ein Telegramm aus Weißenburg, wonach der Kaiser um
12 Uhr eintreffen werde und die Alarmierung der Truppen befehle, ließ der
kommandierende General 18000 Mann auf dem Truppenübungsplatz Polygon
versammeln, wo sich auch der Gouverneur, der Statthalter sowie Prinz
Joachim einfanden. Erst etwa gegen 3 Uhr stellte sich heraus, daß man
in Weißenburg, wo man die Kreisdirektion antelephonierte, nichts von einem
Kaiserbesuch und dem nach Straßburg gelangten Telegramm wußte, es sich
Europäischer Geschichtskalender. LIV. 4