ũrkei. (April 28. — Juni 19.) 635
28. April. Die Politik Essad Paschas.
Es bestätigt sich, daß Essad Pascha den Montenegrinern Albanien
bis zum Drinfluß zugestanden hat. Er ist das Oberhaupt des albanischen
Geschlechtes der Toptan von Tirana, und als Chef dieser großen Ghegen-
familie erwarb er sich in Blutrache-Angelegenheiten eine Art korsischer
Reputation. Bei Ausbruch der türkischen Revolution 1908 schloß sich Essad
Pascha den Jungtürken an, wurde Parlamentsmitglied als Vertreter
Durazzos und trat in die Reihen der albanischen Partei der Kammer.
Kurz vor Ausbruch des Krieges langte Essad Pascha mit einer Division
albanischer Redifs in Skutari an, zur Verstärkung der Garnison unter
Hassan Riza Pascha. Als die Nachricht nach Skutari kam, daß die Mächte
die Schaffung eines selbständigen Albanien beschlossen hätten, hißte Essad
Pascha auf der Festung die albanische Flagge, indem er darauf verwies,
daß die albanischen Truppen der Garnison nur unter der nationalen Fahne
den Montenegrinern ernsten Widerstand entgegensetzen würden. Daraus
entstanden Zwistigkeiten mit Hassan Riza Pascha, dem Essad schließlich Abzug
von der Festung unter Eskorte anbot. Hassan Riza lehnte dies ab und wurde
kurz darauf erschossen, wie es heißt, von Malissoren, worauf Essad Pascha
das Kommando übernahm.
2. Mai. Essad Pascha hat in Tirana eine Regierung gebildet,
die Autonomie Albaniens unter türkischem Protektorat proklamiert
und die türkische, nicht die albanesische, Flagge hissen lassen.
12. Mai. (Rhodos.) Die Zählung der Bevölkerung auf der
Insel ergibt: Muselmanen 4890, Juden 4290, Griechen 4246, Katho-
liken 318, insgesamt 13744.
14. Mai. Die internationalen Truppen sind unter dem Kom-
mando des englischen Admirals Burney in Skutari eingezogen.
29. Mai. Die Verlängerung des Waffenstillstandes bis zum
13. Juni wird offiziell bekannt gegeben.
5. Juni. Die Regierung hat angeordnet, daß die während des
Krieges gelöschten Leuchtfeuer wieder in Betrieb gesetzt und die Unter-
seeminen entfernt werden.
11. Juni. (Konstantinopel.) Großwesir Mahmud Schewbket
wird ermordet.
Als der Großwesir und Kriegsminister Mahmud Schewbket Pascha
sein Automobil auf dem Bajazetplatze an einer Straßenkreuzung wegen
Erdarbeiten halten lassen mußte, gaben aus dem Publikum heraus einige
Personen mehrere Revolverschüsse gegen das Automobil ab, durch die der
Großwesir schwer verwundet wurde. Er wurde ins Kriegsministerium zurück-
gebracht, wo er eine halbe Stunde später seinen Geist aufgab. Auch sein
Adjutant, der Schiffsfähnrich Ibrahim, ist von einer Kugel getroffen und
getötet worden.
11. Juni. Durch ein Irade des Sultans ist der Minister des
Außern Prinz Said Halim Pascha zum interimistischen Großwefir
ernannt worden.
19. Juni. (Konstantinopel.) Verhandlung vor dem Kriegs-