Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Neunundzwanzigster Jahrgang. 1913. (54)

636 Tũrkei. (Juni 24. —Juli 18.) 
gericht im Prozeß gegen die Mörder des Großwesirs Mahmud 
Schewket Pascha. 
Von den Angeklagten sind 22 anwesend, gegen 14 andere wird das 
Urteil in contumaciam gefällt. Bei einem Vorverhör erklärte Topal-- 
Tewfik, die Tat aus Ueberzeugung begangen zu haben, im Vertrauen 
auf seine ihm geistig überlegenen Komplizen. Er gab dann eine Schil- 
derung der Tat, wobei er seine Komplizen anklagte, ihr Wort nicht 
gehalten zu haben, da sie ihn im Stiche ließen. Der frühere Leutnant 
Mechmed Ali sagte aus, daß Prinz Sabah Eddin zur Ausführung des 
Komplotts 1700 Pfund gespendet habe. Dieselbe Summe scheint der frühere 
Gesandte in Stockholm Scherif gewidmet zu haben. Der Sekretär Scherifs 
Tertef Tewfik diente als Vermittler. Einige Tage vor der Tat begab sich 
Kiazim nach Constantza, wo er mit dem früheren Minister des Innern 
Reschid zusammentraf, der von Paris Geld zur Ausführung des Verbrechens 
brachte. Der Angeklagte machte sodann belastende Aussagen über Damad 
Salih Pascha. Sein Mittäter Kiazim hatte den Plan gefaßt, den früheren 
Minister des Innern Talaat in das Haus zu locken, ihn dort gefangen zu 
halten und ihm die Bedingungen der Verschwörer zu diktieren. Die Aus- 
sagen des Mörders Zia sind sehr belastend für Damad Salih, Reschid Bei, 
die Generalstabsobersten Fuad und Kemal, sowie für den OSberstleutnantk 
Sekki. Im Anschluß an diese Angaben machte der Militärgouverneur von 
Konstantinopel Mitteilungen über die Verhandlungen Kiazims mit dem 
Prinzen Sabah Eddin und Damad Salih, von denen der letzte in einem 
Briefwechsel mit einem in Paris bestehenden Komitee stand, dem Scherif 
Pascha, Reschid Bei und Said Pascha, sowie ein auswärtiger Militär- 
attaché angehörten, der die Reise Kiazims nach Constantza gefördert habe. 
Die Verschwörer sollten ein Kabinett unter Kiamil Pascha bilden mit dem 
Prinzen Sabah Eddin als Minister des Aeußern und Reschid oder Ismail 
als Minister des Innern. 
A. Juni. (Konstantinopel.) Der Sultan hat zwölf über 
die Mörder Mahmud Schewbket Paschas gefällte Todesurteile be- 
stätigt. 
24. Juni. (Konstantinopel.) Die zwölf wegen Ermordung 
Schewket Paschas zum Tode Verurteilten, darunter auch Damad 
Salih Pascha, wurden durch den Strang hingerichtet. 
7. Juli. Die Pforte hat die bulgarische Regierung in dring- 
licher Form ersucht, die Küste des Marmarameeres und die Gebiete 
bis zur neuen Grenze Midia—Enos unverzüglich zu räumen. 
13. Juli. Die Armee hat in der Nacht den Vormarsch be- 
gonnen. 
14. Juli. Die Dette Publique hat beschlossen, dem Staats- 
schatz 50 Millionen Franken aus der italienischen Entschädigung 
für Tripolis vorzuschießen. 
18. Juli. (Konstantinopel.) Das ökumenische Patriarchat 
übermittelte den Botschaftern einen schriftlichen Protest gegen die 
Greueltaten der Bulgaren.
	        
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