Serbien. (April 1.—Mai 28.) 663
serbische Regierung wegen der Antwort mit den Verbündeten ins
Einvernehmen setzen werde.
1. April. Die Serben haben bei den Angriffen auf Adria-
nopel folgende Verluste erlitten: 6 Offiziere getötet und 7 ver-
wundet. 268 Soldaten getötet und 1160 vewundet, insgesamt
1441 Mann.
6. April. In der den Großmächten übermittelten Antwortnote
lehnt die Regierung die Räumung Albaniens ab unter Berufung
auf den Kriegszustand. Ebenso wird das Verlangen nach besonderem
Schutz der Albanesen mit Berufung auf die Verfassung als un-
anehmbar bezeichnet.
12. April. Die Regierung hat den Mächten offiziell angezeigt,
daß sie ihre Truppen vor Skutari zurückzieht.
16. April. Die Regierung verlangt eine Revision des Bündnis-
vertrages mit Bulgarien, weil Serbien in weit höherem Maße,
als es seinen Verpflichtungen entsprach, zu den Erfolgen des Feld-
zuges gegen die Türkei beigetragen habe.
17. April. Im Hinblick auf die Entsendung zweier bulgarischer
Regimenter nach Doiran wird eine Division in Gewgeli zusammen-
gezogen.
17. April. Die Landsturmpflichtigen der Jahrgänge 1892, 1893
und 1894 sind zu einer 15tägigen Waffenübung einberufen worden.
27. Mai. Spannung mit Bulgarien.
Das Regierungsorgan „Samouprawa“ erklärt in einem „Am schick-
salschweren Scheidewege“ betitelten Artikel, Serbien habe im Interesse des
Balkanbundes seine vertragsmäßigen Verpflichtungen verdoppelt, während
Bulgarien nicht einmal seine vertragsmäßigen Verpflichtungen erfüllt habe.
Nach den gegenwärtig besetzten Gebieten würde Serbien ein Territorium
von insgesamt 85000 Quadratkilometer, Bulgarien aber 150000 Quadrat-
kilometer erhalten. Trotzdem neide Serbien seinem Schwesterstaate Bul-
garien die Vergrößerung nicht, es müsse aber an die Gewissenhaftigkeit und
Ehre seines Verbündeten appellieren, damit die von ihm gebrachten Opfer
anerkannt würden. Niemand habe das Recht, von Serbien, selbst unter Be-
rufung auf die Notwendigkeit der Erhaltung des Balkanbundes, zu ver-
langen, daß es auf seine staatliche Unabhängigkeit und auf die Sicherheit
friedlichen Lebens innerhalb seiner Grenzen verzichte. Am allerwenigsten
könne es zu einer solchen Erniedrigung durch einen Vertrag gezwungen
werden, der von der zweiten Vertragspartei eigenmächtig abgeändert wurde,
indem sie sich von den eigenen Verpflichtungen lossagte, Serbien aber dop-
pelte Verpflichtungen und doppelte Opfer auferlegte. Das sei ein Unrecht,
vor welchem Serbien sich ohne Zwang nicht beugen könne. Dessen müßten
die Freunde Serbiens und des Balkans eingedenk sein.
28. Mai. (Skupschtina.) Revision des Bündnisses mit
Bulgarien.