666 Serbien. (Juni 1.—22.)
auf den Haupteisenbahnlinien zwischen Belgrad—Nisch, Nisch —Pirot
und Nisch—Uesküb auf drei Tage, bis zum 30. Mai einschließlich,
eingestellt.
1. Juni. Der Zwischenfall bei Istip.
Eine bulgarische Abteilung überschritt bei Istip die Demarkations-
linie. Erst als von serbischer Seite unter Androhung von Waffengewalt
eine Frist von 24 Stunden gestellt wurde, zogen sich die Bulgaren in ihre
früheren Stellungen zurück.
19.—20. Juni. An der serbisch-bulgarischen Demarkations-
linie kam es an drei Stellen zu Geplänkeln zwischen serbischen
und bulgarischen Patrouillen. Auf seiten der Serben wurden ein
Unteroffizier und zwei Soldaten getötet und ein Unteroffizier
verwundet.
21. Juni. Die Regierung hat durch ihren Gesandten in Sofia
der bulgarischen Regierung eine Note überreichen lassen, in welcher
ihr Demobilisierungsantrag erneuert und die bulgarische Regierung
zur Beschickung der Konferenz eingeladen wird.
21. Juni. Antwort auf die bulgarische Note, in der die bul-
garische Regierung der Demobilisierung nur bedingungsweise zu-
stimmt.
In der serbischen Note wird erklärt, die serbische Regierung halte
ihren Vorschlag aufrecht, daß man sofort zu einer bedingungslosen De-
mobilisierung schreiten solle, und daß die Ministerpräsidenten der Ver.
bündeten in Petersburg zusammenkommen sollten, um sich zu verständigen.
Wenn man nicht zu einem Einvernehmen gelange, solle das Schiedsgericht
entscheiden, und zwar auf einer neuen breiken Grundlage, die alle Fragen
über das Kondominium umfaßt, ohne die Lebensinteressen Serbiens zu
berühren. Diese Lösung solle zwischen Bulgarien einerseits und Serbien,
Griechenland und Montenegro anderseits stattfinden.
22. Juni. Das gesamte Kabinett ist zurückgetreten. Doch
bildet Paschitsch ein neues Kabinett, in dem alle bisherigen Minister
bis auf den Kriegs- und den Justizminister wieder amtieren.
16.—22. Juni. Die Einwirkung Rußlands und die Minister-
krisis nach Berichten der serbischen Presse.
Der russische Gesandte v. Hartwig übermittelte am 16. Juni der
Regierung die kategorische Forderung der russischen Regierung, dem von
Kaiser Nikolaus angekündigten Schiedsspruch ohne Vorbehalt und be-
dingungslos zuzustimmen. Im Laufe der Beratungen des Ministerrats am
7. Juni trat Ministerpräsident Paschitsch für die Annahme dieser For-
derung ein, weil die Ablehnung des Schiedespruchs einen Krieg mit Bul-
arien unvermeidlich machen würde. Einige Minister wiesen indessen darauf
E. daß die Annahme der Forderung mit der Aufgabe des serbischen
Standpunktes gleichbedeutend sei. Kriegsminister General Bogdanowitsch
verwies auf die Stimmung in der Armee, die unter keinen Umständen die
blutig eroberten Gebiete preisgeben werde. Er lehnte jede Verantwortung