Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Neunundzwanzigster Jahrgang. 1913. (54)

714 Mittel= und Südamerih#. (Februar 15.—23.) 
Hauptstadt wurde auch die deutsche Gesandtschaft durch Artillerie- 
geschosse beschädigt. 
15. Februar. (Mexiko.) Der Rebellenführer Diaz antwortete 
auf die Friedensvorschläge: „Kein Waffenstillstand früher, bis Ma- 
dero mit seinem ganzen Kabinett zurückgetreten ist.“ 
16. Februar. (Mexiko.) Nachdem sieben Tage lang der un- 
entschiedene Kampf in der Stadt Mexiko zwischen den Truppen der 
Regierung und den Rebellen gewütet hat, wurde in der Nacht vom 
Sonnabend zum Sonntag um zwei Uhr ein 24stündiger Waffen- 
stillstand abgeschlossen. Der Zweck dieser Pause ist, den Einwohnern 
Gelegenheit zum Besuche des Gottesdienstes und zum Verlassen der 
Stadt zu geben. 
17. Februar. (Meriko.) Der Waffenstillstand wird für be- 
endigt erklärt und der Kampf von beiden Seiten mit großer Heftig- 
keit wieder aufsgenommen. 
18. Februar. (Mexiko.) Präsident Madero wurde gefangen 
genommen. Huerta wurde zum vorläufigen Präsidenten ernannt. 
Die Gefangennahme Maderos erfolgte im Nationalpalast durch 
General Blanquet. Sämtliche Mitglieder des Kabinetts mit Ausnahme des 
Finanzministers Ernuto Madero, der rechtzeitig entkam, sind verhaftet 
worden. Als die Verhaftung erfolgen sollte, versuchten einige Anhänger 
Maderos, ihm zu Hilfe zu kommen. Schüsse wurden gewechselt, durch die 
der größte Teil des militärischen Gefolges Maderos verwundet wurde. 
20. Februar. (Mexiko.) Die Parteien Huertas und Dias 
haben weitere Abmachungen für die zukünftige Regierung getroffen. 
Esquival Obregan ist zum Finanzminister ernannt worden und 
Manuel Garza Aldape zum Ackerbauminister. Aldape steht mit dem Auf- 
stand im Norden in Verbindung. Seine Aufgabe wird es sein, die Lösung 
der Agrarfrage zu studieren, die eine der stärksten Ursachen des Miß- 
vergnügens in Mexiko, im Norden wie im Süden, ist. Von Politikern 
werden wahrscheinlich de la Barra, Alberto Farzia und Rodolf Orenes 
Portefeuilles erhalten. Die genauesten Verlustschätzungen geben die Ge- 
töteten auf etwa 30000 an, von denen die Mehrzahl Privatpersonen und 
Frauen und Kinder sind. Die Verwundeten werden auf 7000 angegeben. 
In vielen Fällen sind ganze Familien durch explodierende Granaten und 
Maschinengewehrfeuer getötet worden. Vielfach liegen verkohlte Leichname 
auf Abfallhaufen, die Feuer fingen. Diaz hat klar zu verstehen gegeben, 
daß er für die Präsidentschaft kandidieren wird. Diaz ist an der Spitze 
der Truppen, die den heftigen Angriffen der Regierungstruppen neun Tage 
lang Widerstand geleistet hatten, in die Stadt eingezogen. Es wurde ihm 
ein begeisterter Empfang zuteil. Huerta wohnte der Besichtigung der Truppen 
bei und tauschte mit Diaz Glückwünsche aus. Er ordnete an, daß alle 
unter Madero Gefangenen in Freiheit gesetzt würden. Die Anhänger 
Orozcos haben Huerta im Interesse des Landes anerkannt. 
23. Februar. (Mexiko.) Der frühere Präsident Madero und 
der frühere Vizepräsident Suarez wurden erschossen, als man bei
	        
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