Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Neunundzwanzigster Jahrgang. 1913. (54)

Nebersicht über die politische Entwichlung des Jahres 1913. 767 
bemerkbar gemacht hatten, den Bulgaren zuliebe stören zu lassen. 
Der Zar wurde auf dieser Linie, die den Frieden Europas gewähr- 
leistete, auch durch ein Handschreiben des Kaisers Franz Joseph 
festgehalten, das ihm Prinz Hohenlohe am 4. Februar überbracht 
hatte. Daher kam am 11. März zwischen Osterreich-Ungarn und 
Rußland eine Vereinbarung über die Demobilifierung zustande; 
Österreich reduzierte seine „rein defensiven Maßnahmen“ in Galizien 
„auf ein normales Ausmaß“ und Rußland verpflichtete sich zur 
„Entlassung der Reservemannschaften jener Altersklasse, die im ver- 
gangenen Herbst beurlaubt werden sollten“ (S. 453.) So war für 
die weitere gemeinsame überwachung der Balkanwirren durch das 
europäische Konzert, das in der Botschafterreunion zu London sein 
Organ hatte, die Grundlage gesichert. 
Eine neue Störung der mühsam gehüteten Einigkeit der 
Großmächte drohte aus den übergriffen, die sich Montenegro in 
dem militärisch besetzten Gebiet des von Österreich 1908 geräumten 
Sandschak und in Nordalbanien erlaubte. Am 20. März beschwerte 
sich die österreichische Regierung in Cetinje über gewisse „eklatante 
Verstöße gegen das Völkerrecht“ und drohte mit Zwangsmaßregeln, 
falls Montenegro auf diesem Wege beharre. Die erste der vier 
österreichischen Forderungen, daß nämlich die Beschießung Skutaris 
eingestellt werden sollte, damit die Zivilbevölkerung die Festung 
verlassen könnte, wurde auch durch Rußland unterstützt. Daher ent- 
schloß sich Montenegro am 25. März zur Nachgiebigkeit. Durch 
diesen Erfolg wurde auch die Botschafterreunion ermutigt, ihre Be- 
mühungen um Herstellung des Friedens mit erneutem Eifer wieder 
aufzunehmen und durch Vermittlungsvorschläge bei Bulgarien, Ser- 
bien und Montenegro zu unterstützen; Griechenland war durch die 
Ermordung des Königs Georg in Saloniki am 18. März gerade 
damals abgelenkt. Zunächst blieb der Erfolg aber aus. Mit Hilfe 
von serbischen Truppen, die auf griechischen Schiffen von Salonikie 
aus befördert wurden, erneuerten Serbien und Montenegro ihre 
Sturmversuche auf Skutari. Da entschloß sich Österreich-Ungarn 
zu einer Flottendemonstration vor der Küste Montenegros (2. April) 
und die anderen fünf Großmächte unterstützten diesen Schritt durch 
Entsendung von Schiffen, die über die Küste Montenegros und
	        
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