768 Nebersicht über die pelitische Eutwichlung des Jahres 1913.
Nordalbaniens den Blockadezustand verhängten (10. April). Auf
Serbien hatte dieser Schritt sofort die Wirkung, daß es seine Truppen
vor Skutari zurückzog. Montenegro beharrte aber auf der Beschießung
der Festung und ließ sich auch durch eine besondere Ermahnung
Rußlands von dieser Hartnäckigkeit nicht zurückhalten. Inzwischen
hatten sich auch Mißhelligkeiten im Lager der Verbündeten ein-
gestellt. Serbien, das durch seine Hilfstruppen den Bulgaren die
Erstürmung Adrianopels (23.—26. März) ermöglicht hatte.
verlangte auf Grund dieser nicht ausbedungenen Leistung eine Re-
vision des Bündnisvertrages, um durch ihm von Bulgarien über-
lassenes mazedonisches Gebiet einen Ersatz für das von den Groß-
mächten ihm vorenthaltene Albanien zu erlangen. Um solchen Zu-
geständnissen auszuweichen, entschloß sich Bulgarien am 16. April
zu einem Waffenstillstand mit der Türkei. Montenegro ließ sich
aber durch die Bemühungen der Großmächte um die Beendigung
der Feindseligkeiten und um die Begründung eines lebensfähigen
albanischen Nationalstaates nicht davon abhalten, allein die Be-
lagerung Skutaris fortzusetzen. Es hatte zunächst den Erfolg, daß
der neue Kommandant dieser Festung, Essad Pascha, gegen die Ge-
währung freien Abzuges am 23. April kapitulierte. In Rußland
und in Böhmen bejubelten die Panflawisten diesen Sieg des kleinen
Bergstaates über den Gesamtwillen Europas. Aber auf das Be-
treiben Osterreichs beschloß die Botschafterreunion, dem widerspenstigen
Kleinstaate seinen Gewinn mit Waffengewalt wieder zu entreißen.
und auch die russische Verwendung in Wien zugunsten Montene-
gros (S. 455) konnte daran nichts ändern. Außer Rußland nahmen
alle Großmächte an der Blockade der Küste von Antivari und Dul-
cigno teil. Am 14. Mai besetzte eine Landungsabteilung des inter-
nationalen Geschwaders Skutari ohne Widerstand. Zugleich hatten
sich die Großmächte auch zur Mediation eines Friedens zwischen
der Türkei und dem Balkanbund geeinigt, während in Petersburg
ein Protokoll über den bulgarisch--rumänischen Konflikt aufgenommen
wurde. Die in London von der Botschafterreunion entworfenen
Friedensbedingungen waren insofern für die Türkei günstiger, als
statt der Linie vom Kap Malatra am Schwarzen Meer nach Ro-
dosto am Marmarameer, die von den Verbündeten gefordert wurde,